Rezension

Wie böse ist "Half bad" tatsächlich?

Half Bad - Sally Green

Half Bad
von Sally Green

Bewertet mit 4 Sternen

Nathan ist in der Hexenwelt ein Sonderling, denn er wurde als Halbcode geboren und könnte somit möglicherweise für die Gemeinschaft der Magier gefährlich sein! Seine Mutter war eine weiße Hexe (die vom Rat der Zauberer als die gute Seite eingestuft werden), die gemeinsam mit dem mächtigsten schwarzen Hexer Marcus unfreiwillig ein Kind zeugte. Nathans Vater hat seinem Ruf als Bösewicht schon alle Ehre gemacht, denn er tötet andere Hexen und verspeist ihr Herz, um sich deren Gaben anzueignen. Der Rat vermutet, dass aus dem Protagonistin ein ebenso großes Ungeheuer werden könnte, weil er das gleiche Blut in sich trägt. Einerseits steigt die Angst vor dem Heranwachsenden mit den rebellischen Zügen täglich und andererseits wollen sie sich den Jungen zum Nutzen machen, denn er wäre ein grandioser Lockvogel, um Marcus zu fangen, der sein Kind noch nie zuvor sah. Bald ist Nathans 17.Geburtstag und damit der wichtigste Tag im Leben einer Hexe, die über Tod oder Leben entscheidet – wie wird sich das Schicksal in Nathans Fall entscheiden?

Die Autorin hat es geschafft, einen interessanten Fantasy-Plot zu konstruieren, welcher trotz der eher klassischen Spezies der Hexen einen kreativen und neuartigen Anstrich bekam. Der Einstieg ist mir auf Grund der ungewöhnlichen DU-Perspektive nicht leicht gefallen, sodass ich mich wie in einem schlechten Live-Streaming gefühlt habe, wovon Sally Green aber im nächsten Abschnitt schnell wieder abgelassen hat. Obwohl der Mittelteil im Schweizer Genf eine Kürzung vertragen hätte, bin ich durch den lebendigen Schreibstil durch die Kapitel wie auf einem Hexenbesen geflogen.

In dem ersten Band der Trilogie wird verhältnismäßig wenig gezaubert und nur vereinzelt auf außergewöhnliche Gaben hingewiesen, was aber auch daran liegt, dass eine Hexe erst mit dem 17.Geburtstag in der Lage ist selbst zu zaubern und Nathan nun mal erst am Schluss des Romans die magische Volljährigkeit erhält. Die Konzentration lag hier vor allem auf der Kritik an unangemessenen Vorurteilen gegenüber Andersartigen, die daraufhin automatisch in die verpönte Schublade gedrängt werden. Mit allerlei Schikanen hindert der Rat den Protagonisten daran sich und seine gute Seite zu beweisen, wodurch er diesen Teil seiner Persönlichkeit immer mehr verdrängt. Diese ziemlich offensichtliche Botschaft war geschickt verpackt und wird auch die jugendlichen Leser zum Nachdenken anregen, schließlich ist Nathan durch seine missliche Lage, die ihn sogar in einen Käfig verfrachtet, ein Charakter, dem das Mitleid trotz aggressiver Handlungsweisen zufliegt. Er ist der perfekte Anti-Held in einer von schönen, soften Vampiren dominierten Buchwelt und schürt die Erwartungen auf einen aktionreichen Nachfolger, der auch nicht vor teils brutalen Szenen zurückschreckt. Vielleicht werden sogar die Jungen dadurch mehr Spaß an der Lektüre haben als Mädchen.

Das Cover macht außerdem mit dem glänzenden silbernen Ton fast einen magischen Eindruck, was früher auch die Bedeutung der Farbe war. Ein rein schwarzes Cover mit dem roten Gesicht, wie es im Original der Fall ist, wäre zu offensichtlich und plump, weshalb der cbj-Verlag sich hier natürlich hervorragend am Inhalt orientiert hat.