Rezension

Wie der Titel schon sagt: Fast genial!

Fast genial - Benedict Wells

Fast genial
von Benedict Wells

Bewertet mit 4 Sternen

Für den 17-jährigen Francis scheint die Situation aussichtslos. Sein Stiefvater hat die Familie verlassen, seine Mutter lebt mit Depressionen in einer Klinik und seinen leiblichen Vater hat er niemals kennengelernt. Durch diese Situation muss er in einem Trailerpark wohnen, der alles andere als ansehnlich ist. Er hat nur einen Wunsch, er möchte seinen leiblichen Vater kennenlernen. Dies möchte seine Mutter nicht und sie versucht mit aller Macht ein Kennenlernen der beiden Männer zu verhindern.
Doch Francis gibt nicht auf und setzt alles dran, um seinen Vater kennenzulernen. Dabei gibt es nur einen winzigen Anhaltspunkt, an dem er sich festklammert. Zusammen mit seinem besten Freund Groover und seiner Freundin Anne-May macht er sich auf die Suche…

Da mir Benedict Wells immer wieder empfohlen wurde, wurde es nun langsam Zeit, eines seiner Werke zu lesen. Da meine Erwartungen nicht besonders hoch waren, konnte ich auch nicht enttäuscht werden, allerdings bin ich doch sehr positiv überrascht, denn das Buch war richtig gut.

Benedict Wells hat es geschafft, mich direkt an die Geschichte zu fesseln. Ich hätte zwar nicht mit einem derart saloppen Schreibstil gerechnet, aber dennoch wusste dieser zu gefallen. Das Buch liest sich flüssig, schnell und trotz der Thematik sehr sarkastisch. Die Charaktere waren nahezu perfekt. Der Autor hat es geschafft, dass ich mich nahezu mit jeder Person identifizieren konnte, was sonst kaum ein Autor zuvor bei mir geschafft hat.

Der 17-jährige Francis hat es in seinem Leben nicht leicht. Er lebt in einem Trailer, seine Mutter ist depressiv, seinen Vater kennt er nicht und besonders viele Freunde hat er auch nicht. Da er bislang nur seinen Stiefvater kennt, lässt ihn der Gedanke nicht los, wer sein leiblicher Vater ist. Seine Mutter möchte ihm dies jedoch nicht sagen. Doch trotz all der Umstände ist Francis alles andere als pessimistisch und möchte etwas aus seinem Leben machen. Sein bester Freund Groover steht ihm dabei immer an der Seite. Auffallend ist hier Francis’ Gefühls- und Gedankenwelt, die mich sehr ansprach. Obwohl es manchmal aussichtslos ist, schlägt er sich mit Intelligenz und Sarkasmus durch.
Seine Mutter ist nach vielen Enttäuschungen depressiv. Francis’ Vater war nur eine Affäre und ihr Ex-Mann hat sie nach der Scheidung einfach zurückgelassen, sodass ihr nichts anderes übrig blieb, als mit Francis in einem Trailerpark zu leben. Sie lebt in ihrer eigenen Welt und verliert die Realität völlig, sodass sie immer wieder in psychiatrische Kliniken eingewiesen werden muss.
Mit Anne-May kommt ein weiter Charakter ins Spiel. Auch sie musste ich einfach gerne haben. Wie Francis’ Mutter ist auch sie eine Patientin in der Psychiatrie. Obwohl er sie nur vom sehen her kennt, ist sie ihm sofort sympathisch und er bekommt sie nicht mehr aus dem Kopf. Zusammen mit Groover verhilft er ihr zur Flucht aus der Klinik.

Die Suche nach dem leiblichen Vater wird authentisch geschildert. Die Jugendlichen haben alle Hoffnungen, Wünsche und Träume. Bei manchem ist es die Suche nach sich selbst, bei anderen der Wunsch nach Freiheit. Die Gedanken und Gefühle der Jugendlichen werden hierbei realitätsnah und sympathisch geschildert.
Auch wenn ich zunächst das Gefühl hatte, dass das Thema Gentechnik unangebracht ist, wurde ich auch hier positiv überrascht. Benedict Wells schildert dieses Thema recht neutral, ohne sich auf eine Seite zu schlagen, vielmehr überlässt er hier seinem Leser, sich seine eigene Meinung zu bilden.

Das Cover ist – wie bei nahezu jedes Buch aus dem Diogenes Verlag – ziemlich schlicht, aber dennoch hübsch anzusehen. Obwohl das Bild nicht unbedingt zu der Geschichte passt, weiß es dennoch zu überzeugen und strahlt eine gewisse Ruhe aus, die mir gefällt, denn auch die Geschichte ist trotz der Thematik eher ruhig.

Insgesamt konnte mich “Fast genial” von sich überzeugen und dieses Buch wird für mich mit Sicherheit nicht das letzte von Benedict Wells sein. Wem komplexe Familiengeschichten gefallen und dazu noch das Interesse an Gentechnik vorhanden ist, wird mit diesem Buch seine pure Freude haben. Empfehlenswert!