Rezension

Wie ein Spaziergang durch die Geschichte ...

Sommer in Wien - Petra Hartlieb

Sommer in Wien
von Petra Hartlieb

Bewertet mit 4 Sternen

Marie fährt mit der Familie vom Arthur Schnitzler in den Urlaub und kann es kaum glauben, dass sie wirklich das Meer sieht. Begeistert, gerührt und von der ständigen Bewegung des Wassers beeindruckt, sind ihre Gedanken doch in Wien. Bei Oskar, dem Buchhändler, den sie liebt und mit dem sie sich eine Zukunft wünscht. Aber beide sind mehr oder weniger allein, wie sollen sie da die Mittel aufbringen für ein gemeinsames Leben? Auch Oskar, der zu Hause auf jeden Urlaubsbrief wartet, sucht nach Möglichkeiten. Zum eigenen Glück kommen aber bei Marie auch Gewissensbisse, denn sie muss die Kinder in andere Hände geben und dabei sind sie ihr so ans Herz gewachsen. Kann Marie loslassen? Wird Oskar eine Lösung finden? Und was ist, wenn sich die Gerüchte bewahrheiten und es Krieg geben wird?

Nachdem wir nun im Winter in Wien waren und den Frühling miterlebt haben, kommt nun, der Sommer und somit der dritte Teil der Reihe, die sich um Oskar und Marie dreht. Ich mag diese locker leichte Lektüre, die sich in einem Zug verschlingen lässt und einen mit einem beschwingten Gefühl entlässt. Ob mich der Sommer auch glücklich entlässt, erzähle ich euch nun.

Es ist immer schwer eine Meinung zu einem Buch zu schreiben, welches ein Teil einer Reihe ist, ohne all zu viel zu verraten. Somit gehen wir mal an den Ausgangspunkt. Marie ist Kindermädchen im Hause Arthur Schnitzler, ihre Herkunft ist sehr ärmlich und ihre Bildung in den Kinderschuhen, aber sie liebt ihre Sprösslinge. Mit ein bisschen Glück hat sie die Stelle bekommen und findet in der Straße auch die Liebe. Oskar, der verwaiste junge Mann arbeitet als Buchhändler. Für beide ist es die erste große Liebe und beide martern sich das Hirn, wie sie eine Zukunft haben könnten. Aber zuerst geht es für Marie in den ersten Urlaub ihres Lebens und das auch noch ans Meer und hier spielt auch ein großer Teil der Geschichte. Marie und Oskar halten Briefkontakt, aber hier stehen wohl doch die Anreise und wie man zur damaligen Zeit Urlaub macht im Vordergrund. Die Kinder hüten, da die Eltern lieber ohne sind, die Sorgen eines Kindermädchens, wenn eins der Schützlinge krank wird und dann das Meer.

Danach daheim ist der Sommer auch schon fast wieder rum und die Geschichte wird in kürzer werden Zeitabständen erzählt. Was da passiert und welche Figuren wieder auftauchen, überlass ich den Leser selbst, es ist auf jeden Fall eine schöne Zusammenfassung einer entstehenden Familie. Wie anders doch die Sorgen und Gedanken sind, welchen Umstand man als Luxus empfinden und welche unterschwelligen Kommentare später am Gewicht gewinnen. Es ist einfach ein wunderbares Potpourri aus vergangenen Zeiten, die hier einfach wieder lebendig gemacht werden.

Allerdings muss ich gestehen, dass ich den Klappentext nicht ganz gut gewählt finde, denn das schlimme Ereignis, findet erst am Ende des Buches Erwähnung und wird wohl eher ein Thema im letzten Teil werden, denn immerhin fehlt noch der Herbst.

Petra Hartlieb lässt mit ihren Büchern das alte Wien wieder aufleuchten und eine vergangene Zeit lebendig werden. Welche Gesellschaftsschichten es gibt, wie Unterhaltung aussah, wie der Stand der Frau damals war. Da ich diese Stadt eh schon sehr Liebe, ist es für mich immer ein Wandeln durch die Straßen, ein Wiedererkennen und ein Gefühl daheim zu sein. Natürlich muss die Geschichte weitergehen und dadurch das Arthur Schnitzler aus der Geschichte wegbricht, nimmt nun das neue Leben von Marie und Oskar mehr Raum ein und was soll man da auch ständig erzählen, deshalb wirkt die Geschichte geraffter und geht weit über einen Sommer raus. Aber ich fand, es süß zu lesen, und es ist wie ein Blick durch diese Gucki-Klick-Kameras, die man als Souvenir kaufen kann und die die Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigen. Hier sind es halt die Highlights aus Oskars und Maries Leben und es ist erstaunlich wie sich die Zeit und ihre Prioritäten ändert.

Sommer in Wien ist für mich wie ein Spaziergang in der Geschichte gewesen, leicht, zum Schwelgen und unterhaltend. Der letzte Sommer der Belle Epoque war ein Schmuckstück seiner Zeit.