Wie eine deutsche Filmkomödie
Bewertet mit 3 Sternen
Anika Deckers Roman erzählt die Geschichte von Nina, fast 50, geschieden, Mutter von zwei Kindern – und plötzlich in einer Affäre mit dem zwanzig Jahre jüngeren David. Während sie sich fragt, ob das wirklich eine gute Idee ist, kämpft sie in ihrem Job bei einem Medienkonzern mit einem MeToo-Skandal. Der Roman changiert geschickt zwischen humorvollen Alltagsbeobachtungen und ernsten Themen wie strukturellem Sexismus, Mutterschaft und Karriere. Besonders den Blick hinter die Kulissen der Medienbranche fand ich spannend, und die MeToo-Thematik wurde überzeugend eingeflochten. Dabei ist der Roman durchweg unterhaltsam geschrieben – blieb mir aber oft zu sehr an der Oberfläche.
Positiv hervorzuheben sind die scharf beobachteten Frauenfiguren: Ninas Freundschaft mit ihrer Kollegin und Verbündeten Zeynep ist authentisch und herzlich, gemeinsam wollen sie das Patriarchat in ihrem Konzern stürzen. Ninas Beziehung zu ihrer Mutter und ihrer Schwester Lena werden facettenreich und komplex geschildert. Andere Figuren bleiben dabei eher auf der Klischeeebene: Ninas Ex-Mann als skrupelloser Anwalt, seine neue Frau als Influencerin in Yogakleidung, Ninas Neuer David als verletzlicher Schönling und Besitzer einer Hipsterbar. Das ist zwar durchaus auch unterhaltsam, irgendwann war es mir aber zu viel.
Letztlich blieb mir vieles zu glatt. Mich hat die Story damit an typische deutsche Film-Komödien erinnert: unterhaltsam, wichtige Themen im Blick, aber am Ende dann doch eher oberflächlich. Insgesamt ein durchaus witziger und leichter Roman mit feministischen Untertönen, der mich gut unterhalten hat – aber nicht wirklich überrascht oder nachhaltig beeindruckt. Vielleicht ein gutes Einstiegsbuch für Männer? Ich habe den Roman tatsächlich auf Empfehlung von Männern gelesen!