Rezension

Wie Kinder die Welt sehen..

Der Junge im gestreiften Pyjama - John Boyne

Der Junge im gestreiften Pyjama
von John Boyne

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch habe ich bereits vor ein paar Jahren gelesen, aber es bleibt immer noch in Erinnerung. Auffällig durch sein Cover, habe ich es mehr oder weniger im Vorbeigehen mitgenommen. Da man auf der Buchrückseite nicht viel über den Inhalt erfährt, damit man möglichst unvoreingenommen an die Geschichte herangeht, möchte ich auch hier nicht allzu viel vorwegnehmen. Wer dennoch etwas über den Inhalt wissen möchte, wird im nächsten Abschnitt schlauer.. Ansonsten schnell überspringen!!

(Der neunjährige Bruno weiß nichts von der Endlösung oder dem Holocaust. Er ist unberührt von den entsetzlichen Grausamkeiten, die sein Land dem europäischen Volk zufügt. Er weiß nur, dass man ihn von seinem gemütlichen Zuhause in Berlin in ein Haus verpflanzt hat, das in einer öden Gegend liegt, in der er nichts unternehmen kann und keiner mit ihm spielt. Bis er Schmuel kennenlernt, einen Jungen, der ein seltsam ähnliches Dasein auf der anderen Seite des angrenzenden Drahtzauns fristet und der, wie alle Menschen dort, einen gestreiften Pyjama trägt. Durch die Freundschaft mit Schmuel werden Bruno, dem unschuldigen Jungen, mit der Zeit die Augen geöffnet. Und während er erforscht, wovon er unwissentlich ein Teil ist, gerät er unvermeidlich in die Fänge des schrecklichen Geschehens.)

Auf den ersten Blick, und auch auf den zweiten, scheint man das Buch in die Kinder- und Jugendliteratur einordnen zu können. Die relativ große Schrift und der leichte Schreibstil verstärken diesen Eindruck noch zusätzlich. Allerdings würde ich nach lesen des Buches nicht sagen, dass es unbedingt ein Kinderbuch ist. Die Thematik des 2. Weltkrieges und vor allem des Holocausts werden in der Geschichte durch die unschuldigen und naiven Augen eines Kindes aufgegriffen, das völlig frei von jeden Vorurteilen in diese Situation 'geworfen' wird. Die Thematik wird allerdings im ganzen Buch nicht direkt genannt. Es werden nur Andeutungen auf die Zeit und die Situation gemacht, in der die Protagonisten sich befinden. Gerade diese Herangehensweise lässt einen selbst dieses Thema noch einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachten und führt einem gleichzeitig auf erschreckend nüchterne Art und Weise die grausamen Verbrechen der Nationalsozialisten vor Augen. Das dramatische Ende darf da, gerade bei einer solchen Geschichte, natürlich nicht fehlen. Natürlich sollte mam mit den geschichtlichen Hintergründen wenigstens im Groben vertraut sein, um die Andeutungen zu 'entschlüsseln', weshalb ich das Buch nicht als Kinderbuch empfehlen würde.

Für mich persönlich war das Buch mal eine andere Art, mich mit dem Thema auseinander zu setzen (auch wenn vielleicht nicht die informativste). Das Buch lässt sich schnell und flüssig lesen und die Charaktere bleiben dabei nicht flach und uninteressant. Alles in allem würde ich das Buch empfehlen, da es kein großes Tam-Tam macht, sondern leise über ein Thema spricht, das immer noch so oft auf den Tisch kommt und doch immer wieder in allen seinen Facetten berührt und gleichzeitig schockiert. Und gerade der kleinen Bruno, der die Welt um sich herum so versteht und begreift, wie er sie sieht, lernt wahre Freunschaft kennen, in einer Zeit, in der genau diese Freundschaft eigentlich unmöglich scheint. Ein gelungenes Buch, das zu Nachdenken anregt und das selbst jeden berührt, der sich bereits gut mit dem Thema 2. Weltkrieg und Holocaust auskennt.