Rezension

Wie könnte es gewesen sein? So oder doch anders.

Pfaueninsel - Thomas Hettche

Pfaueninsel
von Thomas Hettche

Bewertet mit 4 Sternen

Thomas Hettche nimmt die Leser im Roman Pfaueninsel mit auf eine gedankliche Reise auf eben jene Insel in der Havel vor den Toren Potsdams - aber auch auf eine Reise in die Vergangenheit. Im Roman wird die Entwicklung der Pfaueninsel von einem natürlich-verwunschenem Refugium der Könige Preußens, über eine landwirtschaftliche bewirtschaftete Insel, hin zu einem durchgeplanten Lustgarten mit Menagèrie und schließlich deren Verfall beschrieben. Eingewoben werden historische Ereignisse und die damals diskutierten philosophischen Ansätze. Insgesamt ist der Roman also zunächst ein Beleg einer ausführlichen Recherche. 

Aber nicht alle Details sind heute noch belegt, und so stellt Hettche das Schlossfräulein Marie in den Mittelpunkt seines Romans und entwickelt ihr Leben - vom dem historisch nur bekannt ist, dass sie als Kind auf die Insel kam und dort auch im hohen Alter gestorben ist.

Kernthema ist sicher die Schönheit - Marie als Kleinwüchsige entspricht dem Ideal nicht, erlebt aber, wie um sie herum immer wieder auf das Ziel Schönheit hingearbeitet wird - und der Begriff Schönheit wird im Roman durchaus kritisch hinterfragt.

Es ist kein heiterer Roman und die Geschichte fließt auch in einer dem 19. Jahrhundert angemessenen Sprache, teilweise eher Bericht als Erzählung, dahin. Dennoch fand ich die Geschichte durchaus faszinierend und habe einige Gedankenanstöße für mich gefunden. Und werde bei einem der nächsten Berlin-Besuche die Pfaueninsel sicher in den Besuchsplan aufnehmen.

Es bleibt aber auch das Gefühl zurück, dass hochgelobte Bücher wohl eher selten die entspannenden Schmöker, sondern eher als Kunstwerke zu verstehen sind.

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 16. Mai 2020 um 08:51

Im Vergleich zu "Kruso", das 2014 den Deutschen Buchpreis gewann vor der "Pfaueninsel" ist letzteres absolut entspannend - ansonsten gebe ich dir aber völlig recht.