Rezension

Wie komme ich im Haushalt zurecht, wenn die Frau krank ist?

Barbara stirbt nicht -

Barbara stirbt nicht
von Alina Bronsky

Bewertet mit 4 Sternen

"Seine nächste Idee war, Karin anzurufen und zu fragen, wie man Kaffee kocht. Als Frau musste sie sowas wissen." (Buchauszug)
Rentner Walter Schmidt ist ein Mann der Traditionen und alter Schule. Was den Haushalt und die Küche anbelangt, hat er sich noch nie die Hände schmutzig gemacht. Nicht einmal Kaffee kochen kann er, den dies hat bisher alles immer Ehefrau Barbara gemacht. Um so erstaunter ist er, als er eines Morgens nicht mit Kaffeeduft geweckt wird. Barbara findet er stattdessen auf dem Boden des Badezimmers wieder. Leicht verletzt weigert sie sich, vehement zum Arzt zu gehen. Stattdessen liegt sie fast nur noch im Bett und schläft. Zwar ist die Gefriertruhe voll, doch Schmidt weiß nicht mal mit dem, was anzufangen. Erst mithilfe des Fernsehkochs Medinski, dem Internet und Freunden, beginnt in Walter eine Umkehr.

Meine Meinung:
Das Lied "Mein Gott Walter" oder das Ekel Alfred aus "Ein Herz und eine Seele" kommt mir bei Schmidts Art sofort in den Sinn. Er ist ein Mann, der wirklich hilflos ist ohne seine Frau. Man merkt sofort, dass Barbara ihren Mann ein Leben lang verwöhnt und bemuttert hat. Kein Wunder also, das er nichts zustande bringt, als Barbara nun krank im Bett liegt. Wie sehr es um Barbara steht, das erfährt man nur so nebenbei, das Hauptaugenmerk gehört hier eigentlich wirklich nur Walter oder Herrn Schmidt, wie er in der Geschichte genannt wird. Der humorvolle, zynische Schreibstil der Autorin bringt einem Walters Charaktere und Eigenart wahrlich zum Schmunzeln. Als ehemaliger Flüchtling ist er mit den Eltern nach Deutschland gekommen und hat dann trotzdem Abraten der Mutter, die Russin Barbara geheiratet. Die jedoch scheint, wie es früher normal war, mit dem Haushalt und den Kindern voll aufzugehen. Kein Wunder also, das Walter nach all den Jahren keine Ahnung hat, wie man einen Kaffee aufbrüht, geschweige eine Maschine bedient. Umso mehr erstaunt es mich, wie Walter sich im Laufe des Buches entwickelt. Den eines muss man ihm lassen, ehrgeizig ist der Mann. Was er möchte, packt er an und schafft es dann irgendwann auch. Allerdings wird alles von ihm akribisch notiert und aufgeschrieben und wehe, er bekommt von seinen Freunden und Helfern keine genauen Angaben. Allerdings hat mich Walters grimmige, boshaft Art seinen Mitmenschen und Kindern gegenüber schon ein wenig verärgert. Da wundert es mich schon, dass die meisten ihm recht freundlich begegnen. Vielleicht liegt es daran, weil viele Barbara kennen und mehr über ihren Zustand wissen? Ich frage mich nur, wie er so in der früheren Berufswelt zurechtkam. Sonderbar finde ich außerdem Barbaras Zustand, in den uns die Autorin eigentlich nie richtig einweiht. Die zusätzliche Überraschung am Schluss hätte ich jetzt nicht gebraucht und das offene Ende hat mich dann doch etwas enttäuscht. Trotzdem bekommt das Buch von mir 4 von 5 Sternen, da es mich gut unterhalten hat.