Rezension

Wie lange hält ein Lügengebilde?

Der Junge - Alex Dahl

Der Junge
von Alex Dahl

Bewertet mit 4 Sternen

Die Welt der einzigartigen und perfekten Cecilia Wilborg droht zu zerbrechen als der Junge, Tobias, in ihr Leben einbricht. Cecilia lebt mit ihrem gutsituierten Mann, Johan, und ihren beiden Töchtern Hermine und Nicoline in einem perfekt ausgestatteten und durchgestylten Haus in exponierter Lange von Sandefjord.

Tobias, ein kleiner, schüchterner, braunhäutiger Junge bringt Cecilia völlig aus der Fassung, weil er durch seine Hilflosigkeit ihr durchgestyltes Leben, was sie fest in ihrer Hand zu halten glaubt, nahezu pulverisiert.

 

Cover und Titel fallen auf. Sie deuten daraufhin, dass es mit dem Jungen eine besondere Bewandtnis hat. Das Bild des Jungen sticht aus dem grauen Umfeld heraus und lockt somit den geneigten Thriller-Leser zum Zugreifen.

 

Die Autorin, Alex Dahl, war mir bis jetzt nicht bekannt. Alex Dahl, geboren in Oslo, beherrscht als Halb-Norwegerin und Halb-Amerikanerin das Düstere der Skandinavien-Krimis und die atemlose Spannung der Thriller aus dem Amerikanischen.

Sie hat einen Master in Kreatives Schreiben und ist entfernt verwandt mit Roald Dahl. 

 

Beste Voraussetzungen für einen düsteren, spannungsgeladenen Psychothriller!

 

Zu Beginn hat mich dieser Thriller begeistert. Ein Thriller, ganz nach meinem Geschmack, kommt er ohne Serienkiller und riesigen Blutlachen aus.

 

Der Thriller verlangt aber auch dem Leser, wegen seiner stetig wechselnden Erzählperspektiven und Rückblenden, einiges ab. Ich musste schon konzentriert und möglichst durchgängig lesen, was bei der fesselnden Erzählweise aber auch nicht schwer fiel.

Zwischenzeitlich hatte ich manchmal den Eindruck, dass mir die Geschichte beziehungsweise Cecilias Lügengeschichten zu verrückt und nicht nachvollziehbar waren. Trotzdem wollte ich immer weiter lesen um zu erfahren wie es weitergeht.

 

Die Charaktere wurden gut beleuchtet. Die Angst und Panik und das hin und her getrieben werden von Anni war gut nachvollziehbar. Die Angst und Hilfslosigkeit waren gut zu spüren. Cecilia selber war schwer zu fassen, aber das ging ihr als Figur ja ähnlich. Auch die Cecilia nacheifernden Freundinnen wurden gut getroffen. Nur Johan ist mir fern geblieben. Ich hatte zwischen zeitlich immer wieder das Gefühl, dass er ein falsches Spiel spielt und nicht dieser hingebungsvolle Ehemann ist. Vielleicht war dieser Zweifel aber auch von der Autorin so gewollt.

 

Um ein Fazit zu ziehen: „Der Junge“ ist spannend, undurchsichtig, manchmal unfassbar, manchmal unglaublich, aber immer fesselnd.