Rezension

Wie man sein Leben zum Gefängnis macht

Kampfsterne - Alexa Hennig von Lange

Kampfsterne
von Alexa Hennig von Lange

Bewertet mit 5 Sternen

„Kampfsterne“ erzählt aus einer ganzen Reihe verschiedener Perspektiven von drei Familien in einer Wohnsiedlung der 1980er. Die Ehemänner verdienen gut, die Ehefrauen kümmern sich um Haus, Kinder und darum, die Nachbarn möglichst vor Neid erblassen zu lassen. Jeder ist allein in seinem perfekten Familienwohnzimmer, seinem eingezäunten Garten, eingesperrt in seine eigene Fassade. Dazu passt auch das graphische Cover mit seinen klaren Linien oder Grenzen sehr gut.

Von Lange erzählt überzeugend von der Innenperspektive solcher Leben, in denen es vor allem um die Außenperspektive geht – und davon, dass das in den Menschen nicht das Beste zum Vorschein bringt oder fördert. Sie erzählt von Frauen, die lächeln, auch wenn ihr Mann sie schlägt oder betrügt; Frauen, deren Lebensumfeld sich weitgehend auf die Familie und Nachbarschaft beschränkt und die gleichzeitig unter enormen Perfektionsdruck stehen. Sie glauben, das Leben sei ihnen das große Glück schuldig – und wenn das nicht eintritt, soll es doch bitte wenigstens so aussehen. Diesen Perfektionsdruck geben sie weiter an ihre Männer und Kinder. Noch sind die Stimmen der Kinder voller Kraft und zeugen von einem unverstellten Blick auf das Leben und ihre Eltern; man fragt sich jedoch beim Lesen ständig, ob sie die Fehler ihrer Eltern wiederholen oder es schaffen werden, auszubrechen aus dem schönen Schein.

Der Autorin ist es von Anfang an gelungen, mich zu fesseln. Die Charaktere sind teilweise etwas überspitzt und einige Dinge (wie etwa die Fokussierung auf eine angebliche Hochbegabung der eigenen Kinder) scheinen mir zumindest anachronistisch und eher in die heutige Zeit gehörend. Das wird jedoch durch den flüssigen Schreibstil locker wettgemacht, der sehr modern, frisch und dynamisch ist. Ein Buch, das trotz seiner Kürze viel Wahres enthält.