Rezension

Wie schmerzvoll Liebe sein kann

Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung - Valentina D'Urbano

Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung
von Valentina D'Urbano

Bewertet mit 5 Sternen

Beatrice lebt mit ihrer Familie in La Fortezza oder anders gesagt in der »Festung«. So wird nämlich ihr Viertel genannt. Hierher kommt niemand freiwillig, keine Taxis, keine Polizisten, aber Beatrice und Alfredo leben hier, sind hier geboren. Wenn es heiß ist und man es kaum noch aushalten kann, sagt Beatrices Vater immer, dass sie wohl nächstes Jahr in den Urlaub ans Meer fahren werden, aber das bleibt nur ein Traum, der sie aber trotzdem glücklich macht. Weniger glücklich ist Alfredo, denn er wird oft von seinem betrunkenen Vater fast totgeprügelt. In dieser lebensfeindlichen Welt ist Freundschaft der einzige Halt und so werden Bea und Alfredo als Kinder nur „die Zwillinge“ genannt. Später verlieben sie sich, aber ohne jede Romantik, die in diesem Viertel wohl fehl am Platze wäre. Und dann kommt das Ende, zu schnell …

Der Roman beginnt am Ende, nämlich mit Alfredos Beerdigung. Der Leser weiß nicht, wie es zu diesem frühen Tod mit erst 20 Jahren gekommen ist. Zur Beerdigung sind unter anderem Beatrice und ihre Freundin Arianna gekommen. Bea hat ein Kleid an, das sie sich geliehen hat und das obendrein noch schlecht sitzt. Daher der Titel.

Dann wird die Geschichte zwischen Bea und Alfredo erzählt, die durch die Umstände sehr anrührend ist. Die Kindheit von den beiden ist wirklich nicht einfach. Arbeitslosigkeit, Drogen und Kriminalität spielen eine große Rolle und so kommt es auch, dass viele sehr früh sterben. Das Bild der Totenglocke fand ich wirklich sehr anrührend: „Mindestens einmal pro Monat läutete Don Antonio in der Pagode die Totenglocke. Ihr Klang waberte wie Nebel über den Hügel. Wir nahmen das hin wie ein Naturereignis. Wenn du zwischen sechzehn und dreißig Jahre alt bist und in La Fortezza lebst, liegt die Chance draufzugehen über dem Landesdurchschnitt.“

Bea und Alfredo machen natürlich im Laufe des Buches eine Entwicklung durch und diese fand ich hier sehr schön beschrieben. Wie Bea erst nichts an Alfredo findet: „Ich betrachtete ihn und verstand nicht, was an diesen zwölf Jahren spitzer Knochen und ungekämmter blonder Haare gut aussehen sollte!“ bis hin zur tragischen Liebesgeschichte.

Sehr gut hat mir auch der Erzählstil gefallen. Er war dem Milieus und der Situation angepasst und hat mich von Anfang an mit in die Geschichte hinein genommen. Die Bilder, die gezeichnet werden, sind zwar oft sehr düster, lassen den Leser aber wirklich teilhaben an dem Leben der Protagonisten.

Die Geschichte regt wirklich zum Nachdenken an, denn trotz der verlorenen Liebe sieht Beatrice einen Lichtblick. Das lässt auch den Leser hoffen. Von mir gibt es 5 Sterne, für diesen sehr gelungenen Debütroman.