Rezension

Wie tief ist dein Glaube?

Ein wenig Glaube - Nickolas Butler

Ein wenig Glaube
von Nickolas Butler

Bewertet mit 4 Sternen

~~„ ‚Ich habe noch nie verstanden, was das soll – eine organisierte Religionsgemeinschaft‘, sagte Otis schließlich. ‚Sei ein guter Mensch. Tu niemand anderem weh. Betrüge nicht und sei nicht gierig. Das scheint mir doch ziemlich simpel zu sein. Da brauche ich doch keine verdammte Anleitung, die mich auf dem Pfad der Tugend hält. …‘ “

Kyle und seine Frau Peg sind überglücklich, nachdem ihre Tochter Shiloh zusammen mit dem Enkelsohn Isaac zurück zu ihnen nach Hause gezogen ist. Eine Zeit genießen es die Eltern und Großeltern, ihre Tochter und den kleinen Isaac bei sich zu haben. Besonders Großvater Lyle kümmert sich rührend um den Jungen und verbringt viel Zeit mit ihm, um ihm Dinge zu zeigen und beizubringen. Als Shiloh sich einer Glaubensbewegung rund um den charismatischen Pastor Steven anschließt, verändert sich plötzlich alles. Kyle und Peg müssen darum kämpfen, Isaac sehen zu dürfen – und als es ganz schlimm wird, müssen sie einen Schritt gehen, der die Familie entzweien wird.

Ich liebte die Erzählung von Nickolas Butler. Alles ist so gemächlich und langsam, während man Kyle bei seinem Tagwerk begleitet. Der alte Mann und sein Leben in der Kleinstadt haben etwas Idyllisches – so wie ein alter Film aus den 1950er Jahren.

In dem Buch geht es in der Hauptsache um Glaube. Glaubst du an Gott oder gehst du rein aus Gewohnheit jeden Sonntag in die Kirche? Kyle gehört eher zur letzten Sorte. Er hat seinen Glauben verloren, nachdem sein Sohn schon vor seinem ersten Lebensjahr gestorben ist. Als Shiloh sich der neuen Glaubensgemeinschaft anschließt, schafft er es nicht, einen Glauben vorzutäuschen, was Shiloh dazu veranlasst, ihn aus ihrem Leben auszuschließen, weil er nicht gut für sie und ihren Sohn ist.

Als Leser stellt man sich selbst die Frage, woran man glaubt. Glaubt man an Gott? Sind all die Wunder, die die Welt uns ständig zeigt, gottgemacht oder doch nur Zufall? Während Kyle im Verlauf des Buches eine andere Art Glaube zurückgewinnt, passieren schreckliche Dinge, die den Leser wieder an einem Gott zweifeln lassen.

Am Ende bleibt die Frage, wie weit der Glaube an Gott gehen darf. Darf er so weit gehen, dass er Menschenleben in Gefahr bringt? Das Ende des Buches hat mir nicht richtig gefallen, weil viele Dinge unerzählt bleiben – doch der Weg dahin war angenehm und so schön erzählt, so gemächlich und ruhig. Das habe ich sehr gerne gelesen!