Rezension

Wie weit würdest du gehen, wenn es um alles ginge?

PHYSIS - Sophie Hilger

PHYSIS
von Sophie Hilger

Bewertet mit 5 Sternen

~~"Physis" von Sophie Hilger ist eine erschreckende, aber durchaus realistische Zukunftsversion, erschienen am 01.09.16 Im Eisermann Verlag.

Das Wasser der Erde ist durch eine verheerende Ölkatastrophe größtenteils verseucht. Die übriggebliebenen Reserven werden streng zugeteilt, jeder erhält gerade die notwendigste Menge. Tiere verenden qualvoll. Machtgierige Firmen versuchen aus dieser Not Profit zu schlagen.

Emma Winter, eine Systementwicklerin, erhält den Auftrag einer Firma bei ihrer Suche nach neuen Wasservorräten zu unterstützen. Mit Feuereifer stürzt sie sich auf die Arbeit und freut sich über erste Erfolge, Wasser zu liefern. Dann geschieht ein Mord, Emma macht erschreckende Entdeckungen und wird letztendlich durch vermeintliche Rebellen entführt. Sie stellt fest, dass nicht alles nur schwarz und weiß ist und muss zum Schluss eine schwere Entscheidung treffen.

"Wir haben alles zerstört, verstehst du das? Wir haben kein Wasser mehr und in ein paar Jahren werden wir jämmerlich an unserer Habgier zugrunde gehen...." (S.217)

Habgier zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman. Der größte Feind, den es hier zu besiegen gilt.

Sophie Hilger schildert uns diese Welt in der Ich-Perspektive aus Emmas Augen. Diese ist anfangs mut- und kraftlos, lässt sich durch die scheinbare Ausweglosigkeit so treiben. Die Trostlosigkeit senkt sich über den Leser.

Mit dem Angebot der Firma bekommt Emma wieder Hoffnung und Zuversicht. Frau Hilger lässt uns Emmas Enthusiasmus regelrecht spüren. Anfangs nüchtern, scheinbar emotionslos, später auch romantisch und poetisch erzählt, von philosophischen und nachdenklich stimmenden Passagen durchzogen.

Dass diese sterbende Spezies zu allem fähig war. Dass der der Mensch grausame Dinge tat, um sich aus dem Morast zu ziehen und am Ende alles, was er zu greifen bekam, mit sich in die Tiefe riss. (S.214)

Der Autorin gelingt es, uns die Emotionen der Protagonisten nahe zu bringen, auch die innere Zerrissenheit Emmas im Zusammensein mit den Rebellen.

Ich konnte allerdings nicht gleich in die Geschichte finden. Ich fühlte mich an Emmas Seite katapultiert und bin orientierungslos hinter ihr hergelaufen. Erst später konnte ich alles zuordnen und eine Bindung mit Emma eingehen. Dann wurde ich mitgerissen.

Das Tempo des Geschehens wurde angehoben, es wurde actionreich, spannend und unvorhergesehene Wendungen traten ein.

Für mich nicht spürbar war die Angst vor der Wasserknappheit, die Angst vor dem Verdursten. Aber das Hauptaugenmerk lag auch auf Emma, auf einen Krieg, den sie führte.

"Wir befinden uns in einem Krieg", sagte er eisig. "In einem Krieg um Ressourcen. (...) Hier geht es um alles. Wie weit würden Sie gehen, wenn es um alles geht?" (S.230)

Fazit:Ich kann diesen Roman nur weiterempfehlen. Ein wunderschön geschriebener Endzeitroman, der unterhält, aber auch nachdenklich stimmt.