Rezension

Wieder besser, aber für Elektra zu harmonisch

Die Sonnenschwester - Lucinda Riley

Die Sonnenschwester
von Lucinda Riley

Bewertet mit 3.5 Sternen

Nachdem Elektra von ihrem On-/Off-Freund endgültig verlassen wird, stürzt sie vollkommen ab. Doch als sie sich aus dem Drogensumpf kämpft, kommt sie ihrer Familie und ihrer Vergangenheit näher...

Elektra, die sechste Schwester, das Model a la Naomi Campbell, lebt das komplette Jetset-Leben. Sie lebt ganz nach dem Motto heute hier, morgen dort. Um damit klar zu kommen, konsumiert sie viel Alkohol und nimmt Drogen. Nirgendwo fühlt sie sich verwurzelt. Und so ist es auch bei den Männer. Mitch der Rockstar hat mal wieder mit ihr Schluss gemacht und nun wechselt sie ihre Bettbekanntschaften nahezu täglich. Dieses ganze Abenteuerleben macht Elektra allerdings aggressiv. Aber das war sie ja schon immer. Als sechste und jüngste Schwester musste sie sich schon als Baby mit Gebrüll durchsetzen. Sie ist die absolute Einzelgängerin, die gar keine Gefühle für ihre Lieben zulässt. Doch als sie die muslimische Assistentin Mariam einstellt, ihre leibliche Großmutter Stella wie aus dem Nichts  auftaucht und sie nach dem endgültigen Aus mit Mitch komplett abstürzt, ändert sich ihr Leben.

Und das ist das Problem des Buches. Elektra willigt quasi sofort in eine Entzugskur ein, die ihre große Schwester Maia vorgeschlagen hat. Sie bleibt einige wochenlang in Arizona. Es läuft alles wie am Schnürchen, keine Rückschläge, keine Probleme. Nur die Therapiesitzungen verlaufen etwas langsam. Elektra, die Kaltschnäuzige, lernt sehr schnell neue Leute kennen, findet Freunde, und verspürt das erste Mal in ihrem Leben Empathie. Und die ist so groß, dass sie fast ihr komplettes Leben umkrempelt und sich bei allen Menschen, die in ihrem Leben sind, entschuldigen will.

Das geht einfach viel zu schnell und wirkt sehr unglaubwürdig. Ohne Mühe verwandelt sich Elektra um 180 Grad und wird sehr, sehr hilfsbereit.

Reisemäßig geht es diesmal nur in der Erzählung der Großmutter Stella, einer Menschenrechtskämpferin von Amnesty International, nach Kenia. Einst reiste eine gutbetagte junge Frau namens Cecily dorthin, um ihre amerikanische Patentante in Kenia zu besuchen. Auch Cecily wurde von ihrem Verlobten verlassen. Auf ihrem Zwischenstopp bei einer Freundin ihrer Mutter in London trifft sie auf den charmanten Julius, von dem sie sich verführen lässt. Er verspricht ihr eine Heirat, doch schon am nächsten Tag wird klar, er ist verlobt. So geht es weiter nach Kenia, wo Cecily die wilden Tiere kennenlernt und das Leben der weißen High-Society in Mitten des Landes der Massai. ´Dann stellt Cecily fest, dass sie schwanger von Julius ist und kann nicht mehr zurück nach Hause. Außerdem bricht der Zweite Weltkrieg aus. Aber alles halb so schlimm... Viele Dinge passieren und letztendlich fliegt Cecily mit Elektras Großmutter Stella nach New York, wo diese bleiben wird.

Kenia wird wunderschön beschrieben. Ein paar Mal gehen Cecily und die Freunde ihrer Tante auf Safari, wo sie viele wilde Tiere in ihrer ursprünglichen Natur antrifft. Fast wird sie von einem Löwen angegriffen, aber in letzter Sekunde von einem Junggesellen gerettet. Auch die Landschaft, die rote Erde und die gesamte Farbpracht von Orange zu Violett werden schön in Szene gesetzt. Leider lernt man nie ein Dorf der Massai oder der anderen Volksgruppen kennen, von der Kultur der Einheimischen erfährt man kaum etwas. Nur als Hausangestellte taucht der ein oder andere einmal auf.
Letztendlich wird Elektra nie nach Afrika reisen, was dazu führt, dass man sich nicht wirklich in die Afrika-Geschichte und in Elektra einfühlen kann. Das Geschehen bleibt passiv.

Hauptsächlich spielt das Buch also in den USA bzw. in New York. Elektras Großmutter Stella blieb mit Cecily in New York, denn es ergab sich die einmalige Chance, dass Cecily bei der Gründung einer Schule für Afroamerikaner dabei sein konnte. Nur hier konnte Stella eine privilegierte Schulausbildung als dunkelhäutige Frau erhalten. Doch gab es auch einige Probleme, da Cecily mit ihren Wurzeln kein afrikanisches Kind adoptieren durfte. Man erfährt einiges über die Apartheit in Amerika. Leider aber auch nicht tiefergehend. Es geht viel um Cecily, die keine Blutsverwandte von Elektra ist, ihrer Großmutter jedoch einen Weg in ein besseres, gleichberechtigteres Leben bot. Insgesamt erfährt man wenig Geschichtliches aus den 1940ern bis 1960ern in den USA, wobei dies ganz bestimmt sehr großes Potential gehabt hätte. Und leider erfährt man fast gar nichts über Elektras Mutter, außer dass sie Elektra wohl ziemlich ähnlich war.

Keine der Personen wächst einem wirklich ans Herz. Die Frauen scheinen kalt und distanziert. Aber sie sind Kämpferinnen und setzen sich für sehr wichtige Dinge ein. Das macht ihren Charakter stark und hart. 

Über Pa Salts Tod und die Umstände erfährt man diesmal rein gar nichts. Und doch gibt es einen winzigen Cliffhanger, sodass man sich schon auf den letzten Band freuen kann.