Rezension

Wieder in Osten Ard, wieder begeistert

Das Herz der verlorenen Dinge - Tad Williams

Das Herz der verlorenen Dinge
von Tad Williams

Bewertet mit 5 Sternen

Er tut es! Er tut es tatsächlich. Alle Osten Ard Fans bekommen Schnappatmung. Tad Williams schreibt eine Fortsetzung, 20 Jahre nachdem die grandiose Saga eigentlich beendet wurde. 
Man ist begeistert, kann es kaum fassen, aber ein kleines bisschen Skepsis stellt sich auch ein. Geht das überhaupt? Kann man das machen? Lässt sich eine geniale Geschichte schlüssig und fesselnd fortführen oder sollte man lieber nicht dran rühren, weil man eigentlich nur verlieren kann? 
Tad Williams ist das egal, er tut es einfach.

„Das Herz der verlorenen Dinge“ soll der Einstieg sein, heißt es, und sowohl Kennern der Saga als auch Neueinsteigern das Ankommen in dieser Welt erleichtern. Auch da stellen sich Zweifel ein. Wie soll das denn gehen? Die Geschichte aller Völker Osten Ards im Schnelldurchlauf dürfte wohl jeden überfordern. Dabei ist es eigentlich ganz einfach.

Die Geschichte setzt ein direkt nach dem Ende der Vorgängerbücher. Die große Schlacht ist vorbei, die Nornen auf der Flucht in ihre Heimat, Herzog Isgrimnur verfolgt sie mit einer Truppe Rimmersmänner. 
Das ist genial, weil es einen direkt in die Ausgangssituation zurückversetzt. Vergangene Ereignisse werden angedeutet, aber nicht ausgebreitet. Allerdings war ich an dieser Stelle froh, schon mal etwas von den Sithi, Hikeda´ya, Asu´a, Isgrimnur, Sludig oder Isorn gehört zu haben. Anfangs hat man mit einem Haufen exotischer Namen zu kämpfen. 

Aber schon bald ist man da. Abwechselnd verfolgt man das Geschehen aus Sicht der Menschen oder der Nornen und das ist neu. Bislang kannte man die Hikeda´ya nur als gesichtslose Monsterwesen, dabei sind sie die Wolkenkinder, ein Volk der alten Zeit, das vom Aussterben bedroht ist.
Hier eröffnet sich eine ganz neue Welt. Was beispielsweise für Menschen wie Dämonenzauber aussieht ist eigentlich nur das Resultat spezieller Gesänge. Besonders begabte Sänger des Sänger-Ordens können Unglaubliches erwirken, auch wenn es sie fast alle Kräfte kostet. 

Dieses Buch ist deutlich kürzer als die gewohnten Tad Williams-Wälzer, aber es tut was es soll: Es lässt einen (wieder) in Osten Ard ankommen mit einer Geschichte voller Gefahr, Entbehrungen, Zauber, Mysteriösem und originellen Figuren, wundervoll erzählt mit einem Augenzwinkern hier und da. 
Ich bin wieder drin, wieder begeistert und freue mich auf ein weiteres Epos. Am Ende des Buches gibt es eine Leseprobe von „Die Hexenholzkrone“ als Appetithappen. Ich mag gar nicht hineinschauen, ich will keine Häppchen sondern den ganzen Schinken. Bis August müssen wir noch warten. Wegen mir kann es losgehen!