Rezension

Wild Cards (George R. R. Martin)

Wild Cards 01 - Das Spiel der Spiele - George R. R. Martin

Wild Cards, Die zweite Generation - Das Spiel der Spiele
von George R. R. Martin

Bewertet mit 4.5 Sternen

Wild Cards 1. Das Spiel der Spiele ist das neuste Werk des Bestseller-Autors George R. R. Martin, welcher vor allem durch seine mehr als erfolgreiche Fantasy-Saga "Das Lied von Eis und Feuer" Weltruhm erlangt hat. Allerdings handelt es sich bei Wild Cards nicht um sein alleiniges Werk, denn zahlreiche Autoren sind an dieser Geschichte beteiligt, welche sich aus zahlreichen kleinen Kurzgeschichten zusammensetzt. Martin selbst hat dabei nur die Oberhand übernommen, eine Kurzgeschichte beigesteuert und mit seinem rennomierten Namen den Herausgeber gespielt. Mit Erfolg, welcher sich nicht nur sehen sonderna uch lesen lassen kann!

Von Anfang an ist diesem Roman anzumerken, dass er anders als andere Romane ist. Mit einem Anschlag auf einen Kalifen der muslimischen Welt beginnt das große Abenteuer und der große Zusammenhang bzw. Zusammenhalt der Story wird angerissen, bevor es den Leser nach Amerika und zur skurrilen Casting-Show "American Hero" verschlägt. Die ersten hundert Seiten kann man sich kaum vorstellen, wie das eine zum anderen zusammenpassen soll. Doch es funktioniert, sogar besser als erwartet!

Im Zentrum der Handlung steht neben der Casting Show vor allem das breit angelegte Charakterspektrum, denn gleich 28 mehr oder weniger bedeutende Personen stellen sich der Herausforderung und versuchen, Americas Next Superhero zu werden. Alle zeichnen sich durch besondere Fähigkeiten aus, welche durch das Wild-Card Virus ausgelöst worden sind. Die teilnehmenden Charaktere sind dabei allesamt sogenannte Asse mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten, welche anfangs mehr oder weniger spektakulär wirken. Doch im Laufe der Handlung kristallisieren sich diese Fähigkeiten im Zusammenspiel miteinander als hervorrangende Kombinationen heraus und die Teilnehmer formieren gut funktionierende Teams, die sich unterschiedlichen Herausforderungen stellen müssen.

Dabei ist nicht nur das Storybilding besonders interessant sondern auch die einzelnen Charaktere können von sich überzeugen. So haben es mir besonderes Jonathan Hive und Lohengrin angetan, welche irgendwie die Hauptpersonen der Handlung sind, auch wenn auf andere Charaktere wie Earth Witch oder Drummer Boy ein weiterer Schwerpunkt gelegt wird. Zwar werden alle Charaktere mehr oder weniger gut beschrieben, diese vier erhalten aber ein besonderes Augenmerk und so kann man sich durch die zahlreichen sehr ausführlichen Beschreibungen ihrer körperlichen Merkmale und Eigenschaften diese sehr gut vorstellen und in sie hineinversetzen.
Wie schon erwähnt, hat mir auch das Storybilding sehr gut gefallen, welches sich durch seine unglaublich vielen Facetten auszeichnen kann. Sei es die sehr interessante Casting-Show oder der sich stetig weiter zuspitzende Konflikt in Ägypten, in welchen einige der Protagonisten bedeutend eingreifen werden. Jede dieser Schwerpunkte ist ausführlich beschrieben, wodurch sich der Leser jederzeit gut aufgehoben und in die Geschichte integriert vorkommen kann. Die in "Wild Cards" eingebaute Gesellschaftskritik ist dabei zwar zum Teil versteckt aber irgendwie auch durchgängig präsent. Sei es, dass die Medien einem Konflikt in einem fremden Land kaum Beachtung schenken und sich lieber auf eine eher unbedeutende Casting-Show kritisieren, oder dass sich der Westen, speziell Amerika immer wieder in Konflikte im Ausland einmischt, die sie eigentlich nichts angehen oder der Aspekt, dass man von vornherein in feste Rollen gezwängt wird und einem (siehe Earth Witch) nichts zugetraut wird.
All diese Schwerpunkte und Blickwinkel sorgen dafür, dass man als Leser nur so in die Geschichte hineingezogen wird und über die Seiten fliegt. Die unterschiedlichen Erzählstile, u.a. die Blogeinträge von Hive's oder die Charakterpräsentationen im Rahmen der Casting-Show runden dabei ein stimmiges Gesamtbild ab.
Dass die Geschichte sich dabei aus zahlreichen Kurzgeschichten zusammensetzt fällt dabei überhaupt nicht auf. Die Übergänge sind wirklich sehr gut abgestimmt und damit auch gelungen, sodass man meinen könnte, dass das Buch aus der Feder eines einzigen Autoren stammt.
Lediglich kleinere Längen zwischendurch oder das zu breit aufgestellte Charakterfeld trüben den Lesefluss etwas. Wer sich davon aber nicht abschrecken lässt, wird mit Wild Cards 1. Das Spiel der Spiele hervorragend unterhalten.

Fazit:
Castingshow, brandaktuelle Konflikte, Gesellschaftskritik und Superhelden. Dieses Buch hat nahezu alles, was eine unterhalsame Lektüre braucht!