Rezension

Willkommen in Mulderrig, der Welthauptstadt skurriler Gestalten

Der Freund der Toten - Jess Kidd

Der Freund der Toten
von Jess Kidd

Bewertet mit 3 Sternen

Mahony, im Waisenhaus in Dublin aufgewachsen, erfährt im Alter von 28 Jahren durch einen anonymen Brief, dass ihn seine Mutter nicht, wie bisher geglaubt, einfach zurückgelassen hat, sondern dass ihr wahrscheinlich etwas zugestoßen ist. Der Brief enthält außerdem die Information, dass er in Mulderrig, County Mayo, Irland, geboren wurde. Mahony macht sich auf den Weg, um dem Schicksal seiner Mutter auf den Grund zu gehen. In Mulderrig sticht er dabei in ein Wespennest und die meisten (zumindest männlichen) Bewohner wären ihn gerne so schnell wie möglich wieder los.

            Die Leseprobe gefiel mir sehr gut. Bildhafte, poetische Beschreibungen und die eine oder andere Überraschung, zum Beispiel, dass Mahony Tote sehen und mit ihnen kommunizieren kann. Zu Beginn des Buchs war dies höchst originell, und es hat Spaß gemacht zu lesen, wie sich die Toten die Zeit vertreiben. So lümmeln sie beispielsweise biertrinkend auf dem Dach der Leichenhalle herum oder geistern durch die Häuser, die sie zu Lebzeiten bewohnten. Allerdings wurden mir die vielen Beschreibungen der Toten und ihrer jeweiligen Aktivitäten spätestens in der Mitte des Romans zuviel. Ein toter Priester, der absolut nichts zur Handlung beiträgt, wird nicht interessanter, nur weil er nackt auf dem Rasen liegt und sich im Schritt kratzt! Überhaupt scheint die Autorin mit der Geistlichkeit eine Rechnung offen zu haben, werden die Priester doch ausnahmslos, ob tot oder lebendig, als absolute Crétins dargestellt.

Was das Genre dieses Romans anbelangt, so bin ich mir auch nicht ganz sicher, wie man ihn bezeichnen würde. Ein humorvoller Fantasy-Kriminalroman vielleicht? Denn es geschehen auch jede Menge übernatürliche Dinge: fliegende Bücher, eine plötzlich im Pfarrhaus entspringende „heilige Quelle“ mit dazugehöriger Froschpopulation, in Massen auftretende Spinnen usw. 

Was ich an dem Buch ausgesprochen gelungen finde, ist das Cover: ein Dschungel aus grünen Blättern und bunten Blüten, und erst bei genauem Hinsehen entdeckt man leuchtende Augenpaare und im Gebüsch versteckte Tiere. Wirklich sehr schön!

Mein Fazit: ein ungewöhnlicher und stellenweise amüsanter Roman, der mir allerdings weitaus besser gefallen hätte, wenn sich die Autorin nicht so krampfhaft übertrieben um Originalität bemüht hätte. Die von mir erwartete Spannung blieb aufgrund der ausufernden Beschreibungen auch weitgehend auf der Strecke. Wer einen spannenden Krimi erwartet, wird ihn in diesem Roman nicht finden.