Rezension

Wir nannten ihn Vati

Vati
von Monika Helfer

Bewertet mit 2.5 Sternen

Monika Helfer versucht in diesem Buch die Lebensgeschichte ihres Vaters nachzuzeichnen. Der Klappentext hat gewisse Erwartungen bei mir geweckt. Leider wurden diese nur halb erfüllt. Zu Anfang fand ich den Erzählstil der Autorin noch passend, doch im Verlauf des Buches brachte er mich den Figuren leider kein Stück näher. Eher im Gegenteil - ich hatte häufig den Eindruck, dass die Autorin wie aus weiter Ferne über ihren Vater erzählt. Für mich ist insgesamt nicht ersichtlich, wie sie zu ihrem Vater in den jeweiligen Situationen stand und jetzt rückblickend steht.
Es gibt den zwar kriegsverserten, aber dennoch seinen Kindern zugewandten Vati. Dieser liest seinen Kindern vor, erklärt ihnen die Welt und nimmt Anteil an ihrem Leben. Er legt den Grundstein für eine glückliche Kindheit. Nach dem Tod der Mutter bricht auch für ihn eine Welt zusammen. Und er verschwindet für sehr lange Zeit aus dem Leben seiner Kinder. Diese werden bei verschiedenen Familienmitgliedern untergebracht und für die Autorin und ihre beiden Schwestern ist es wie der Umzug auf einen anderen Planeten. Auch hier bleibt die Autorin für mich seltsam distanziert. Ja, die Verhältnisse sind ärmlich, die Verwandschaft merkwürdig und das Leben nicht einfach. Es gibt viele Geschichten über das Leben in der Siedlung bei der Tante - aber wenig über die Gefühle, die die Autorin in dieser Zeit begleitet haben.
Auch als der Vater wieder in das Leben der Kinder tritt, bleibt die Erzählung distanziert. Es ist vermutlich auch sehr schwierig, das Leben eines Menschen nachzuzeichnen, der lange Zeit abwesend war, über den selbst innerhalb der Verwandschaft kaum gesprochen wurde und an den sich das jüngste Kind kaum erinnern kann.

Es gibt aber auch ein paar sehr schöne und leise Beschreibungen, die ich wirklich gelungen fand. Die haben nur leider sehr wenig mit dem Vati zutun. Das Buch hat mich verwirrt zurückgelassen. Was will dieses Buch mir erzählen? Für meinen Geschmack bemüht sich die Autorin etwas zu sehr um Neutralität. Keine Kritik, kein Wutausbruch - alles klingt wie eine Rechtfertigung. Teilweise sind die Zeitsprünge sehr groß und die in der Erzählung entstandenen Lücken brechen die aufgebaute Spannung wieder, ohne dass ganz offensichtliche Fragen überhaupt angesprochen geschweige denn geklärt werden.

Mich hat die Lebensgeschichte von Monika Helfers Vater leider nicht gänzlich überzeugt.