Rezension

Wird ziemlich zäh

The Atlas Paradox
von Olivie Blake

Bewertet mit 2 Sternen

Angesichts der Komplexität von „The Atlas Six“ war ich echt froh, dass es für uns deutsche Buchfans gar nicht so lange gedauert hat, bis nun „The Atlas Paradox“ erschien, denn es ist sicherlich eine Lektüre, die bei einem noch größeren zeitlichen Abstand sehr anstrengend geworden wäre, um wieder hineinzufinden. So war das hier nicht die Schwierigkeit, aber der zweite Band liefert den Lesern aus einem anderen Grund ein gewaltiges Brett vor dem Kopf. Erneut wird ein Jahr wie ein Windhauch erzählt, aber ich hatte am Ende nicht den Eindruck, dass wir entscheidend weitergekommen sind. Das lässt mich danach fragen, was ich die 560 Seiten (Printangabe) so getrieben habe, dass es mir so wenig erscheint?

Die Schwächen aus dem ersten Band bleiben bestehen. Zwar fand ich, dass die Nachvollziehbarkeit der wissenschaftlichen Komponente diesmal nicht so entscheidend war, weil die Figuren und ihre Fähigkeiten nun bekannt sind und sich tatsächlich das Geschehen eher auf das Zwischenmenschliche verlagert. Gleichzeitig ist die Wissenschaft aber natürlich immer noch vorhanden und leichter wird die sicherlich nicht. Auch wenn der Fokus nun mehr auf dem Zwischenmenschlichen liegt, so muss ich parallel doch auch sagen, dass sich nichts entscheidend getan hat, um die Figuren sympathischer zu zeichnen. Es ist immer noch ein Haufen höchst komplexer Charaktere, die sich aber so verlieren in den Machtspielchen, Empathielosigkeit, Selbstzweifeln, dass sie sich nicht mal auf charakterliche Stärken besinnen. Das ist etwas anstrengend, weil ich so von den sechs Perspektiven nichts speziell herbeisehne, sondern mir die nächste Wahl völlig egal ist. Dabei ging es sogar gut los. Das Ritual, was nach dem ersten Jahr absolviert werden musste, das war ein tolles Stilmittel für den Wiedereinstieg, weil es eine Möglichkeit war, die Figuren noch einmal auf den Punkt zu haben. Aber ich hätte mir tatsächlich gewünscht, dass das eine Ausgangslage gewesen wäre, um genau damit entscheidend zu arbeiten.

Stattdessen vergeht eben dieses zweite Forschungsjahr, in dem die fünf verbliebenden eigentlich ein Projekt absolvieren sollen, aber eigentlich ist das nur eine einzige Farce. Sie gehen sich ansonsten völlig aus dem Weg und wenn man sich mal begegnet, dann warten erstmal lieber Beleidigungen statt Höflichkeiten. Es gibt zwar auch einige Duos, aber auch hier entwickelt sich nichts, wo ich von einer tollen Charakterentwicklung sprechen könnte. Es sind pure Zweckgemeinschaften und jeder ist sich selbst der nächste. Es war sicherlich auch nicht klug, dass Libby das ganze Buch über ihr eigenes Abenteuer erlebt, denn sie war noch die menschlichste von allen, die nun isoliert auch nicht richtig zur Geltung kommt. Hat sich sonst großartig etwas getan? Das Forum wirkt ein wenig rum, richtig dramatisch werden die Angriffe auch nicht. Ezra wirkt nur wie ein laues Lüftchen und Atlas bleibt undurchsichtig wie eh und je. Da stellt sich mir doch die Frage, was will Band 3 nun noch erzählen?

Fazit: „The Atlas Six“ hatte für mich eine Faszination, weil ich mir die Geschichte für den Bildschirm adaptiert schon gut vorstellen konnte. Doch an der Front gibt es bislang nichts Neues zu verkünden und der zweite Band ist einfach nur anstrengend. Er ist zwar nicht mehr so komplex, aber sehr langweilig und charakterlich einseitig verharrend. Ob es für mich und die Reihe überhaupt noch weitergeht?