Rezension

Wirklich nicht meins

Für jede Lösung ein Problem - Kerstin Gier

Für jede Lösung ein Problem
von Kerstin Gier

OK, eigentlich mache ich das selten, weil ich ja eigentlich hätte wissen können, dass mich das Buch nicht überzeugen würde. Schließlich sind „Frauenromane“ auch nicht mein Lieblingsgenre. Dennoch wird dies meine zweite Rezension in der Reihe „Warum ich... nicht mag“. Ich finde, es muss auch solche Rezensionen geben. Wichtig: Es ist kein Angriff auf Menschen, die Gier gerne lesen, nur ein Hinweis, wer vielleicht darauf verzichten sollte. Daher auch keine "offizielle" Bewertung.

 

Ich wollte es wirklich mal mit Kerstin Gier versuchen. Ich habe über die Romane so viel Positives gehört, dass ich mir einen aussuchte, von dessen Thematik ich mir etwas versprach. Tatsächlich hörte sich Für jede Lösung ein Problem interessant an. Außerdem habe ich gerade dazu sehr begeisterte Stimmen gehört. Was ist, wenn plötzlich jeder weiß, was du über ihn oder sie denkst? Nach einem fehlgeschlagenen Selbstmord steht Gerri genau vor diesem Problem – die Abschiedsbriefe waren nämlich bereits verschickt.

 

Abgesehen von der grundsätzlichen Thematik, die gleichzeitig ernst und lustig hätte sein können, konnte mich leider wenig an dem Roman überzeugen. Ich habe vor einigen Jahren einmal die Mütter-Mafia angelesen und jetzt verstärkte sich der Eindruck. Gier geht mit ihren Figuren um, als wären sie Karikaturen. Die Familie Gerris ist aus unerfindlichen Gründen enorm auf Haarfarbe fixiert, die Mutter kann sich die Namen der Töchter nicht merken und schämt sich, dass ihre Tochter einer geregelten Arbeit nachgeht. Abgesehen davon ist sie so darauf fixiert, ihre Töchter zu verheiraten, dass es mich ans 19. Jahrhundert gemahnte. Die anderen Figuren waren nicht ganz so überzeichnet, aber auch nicht wirklich nachvollziehbar. Vielleicht bin ich auch einfach nur zu jung oder lebe im „falschen“ Umfeld – jedenfalls war der Mangel an Empathie so extrem, dass ich über die Geschichte kaum schmunzeln konnte.

 

Abgesehen davon war die Thematik auch nicht wirklich so ausgebaut, wie sie es verdient hätte. Niemand setzte sich mit den enthüllten Wahrheiten auseinander, alles geht bald wieder seinen gewohnten Gang. Schade – selbst auf humorvoller Ebene hätte man so viel mehr herausholen können. Gerade der zweite Teil des Romans blieb enorm oberflächlich.

 

Der einzige Grund, aus dem ich das Buch zu Ende gelesen habe (wenn auch nicht ganz so gründlich wie ich es sonst zu tun pflege) war, dass Giers Stil wirklich gut ist – locker, leicht und auch mit einer angenehmen Grundironie.

 

Fazit: Wer noch nicht weiß, ob Kerstin Gier etwas für sie ist, sollte sich gewissen Dingen bewusst sein. Das seltsame Kleinstadt-Umfeld in ihren Romanen ist enorm überzeichnet. Leider so stark, dass es den Figuren die Nachvollziehbarkeit nimmt. Zudem macht es die Handlungen auch in weiten Teilen völlig absurd. Wenn man dieses Überzeichnete mag, macht der lockere Stil die Bücher Giers aber sicher lesenswert.

 

PS. Falls mir jemand einen Roman empfehlen möchte, der mich eines Besseren belehrt, bin ich wirklich offen :)