Rezension

Wirklich schöne Annäherung an Michael Ende :)

Die ganze Welt ist eine große Geschichte, und wir spielen darin mit - Charlotte Roth

Die ganze Welt ist eine große Geschichte, und wir spielen darin mit
von Charlotte Roth

Bewertet mit 4 Sternen

Schon komisch, bevor ich diesen Roman gelesen habe, hatte ich mich noch nie mit Michael Endes Leben beschäftigt. Obwohl mich seine Bücher durch meine Kindheit begleiten und mir sehr viel bedeuten, wusste ich daher praktisch nichts von ihm persönlich.
Eigentlich lese ich auch eher selten Romanbiografien, da ich im Normalfall eher sachliche Informationen bevorzuge mit klarer Literaturliste. Doch hier erschien mir diese Art der Annäherung passend. Vielleicht auch, weil mir klar
war, das durch Roths Recherche und ihre Zusammenarbeit mit Endes engem Freund Roman Hocke keine objektive Herangehensweise möglich war. Es ist klar, das hier schon ein ganz bewusster Blickwinkel auf den Autor eingenommen wird. Aber vielleicht auch gerade deshalb. Es geht nicht nur um harte Fakten, sondern auch um eine Gefühlsebene, die sich in Romanform doch sehr viel anders vermitteln lässt. Ein Roman gibt von vorneherein zu, einfach nur ein Blickwinkel zu sein und auch nicht den Anspruch zu haben, die ganze Wahrheit abzubilden.
Außerdem hatte Roth so einen einzigartigen Tonfall in dem sie Endes Leben langsam nach und nach erzählt. Verschiedene Blickwinkel ergeben sich zu einem Bild. Verschiedene Personen die für ihn eine wichtige Rolle spielten, vor allem seine Eltern, aber auch seine Ehefrauen bilden eines der Puzzleteilchen um sich ihm zu nähern. Und natürlich auch Michael Ende selbst.
Dieser Tonfall ist manchmal fast so märchenhaft wie Endes Romane (zumindest die, die ich kenne). Es ist der Versuch auch zu vermitteln, wie Endes Kindheit unter Künstlern und voller Geschichten, seinen Blick auf die Welt formten.
Für mich besonders spannend war aber auch, zu erfahren, welche Schwierigkeiten der Autor zunächst hatte. Mit einem Kinderbuch in den 70er Jahren ernst genommen zu werden, war alles andere als leicht. Im Grunde wurde Literatur für Kinder belächelt. Und obwohl sein Jim Knopf veröffentlicht wurde, zeigt seine Teilung in 2 Bände auch, was man von Kindern als Leser*innen dachte. - Zu dicke Bücher sind nichts für Kinder, sie lesen sowas nicht z.B. Und gleichzeitig nahm er Kinder als Leser*innen ernst, fragte sich ob man Kinder als eben solche nicht unterschätzt.
Seine innere Unsicherheiten spiegeln sich dabei genauso wieder, wie eine Bindung zu seiner Mutter, die manches mal als recht einengend wirkt. Ich kann mir vorstellen, das es sicher nicht immer einfach war, mit der Familiären Situation umzugehen und gleichzeitig eine eigene Identität als Autor und Mensch zu finden. Sehr spannend fand ich, mit welchen Literarischen Größen (und auch Theatergrößen) er so bekannt war. Das war mir vorher nie klar gewesen. Und auch welche künstlerische Bedeutung Endes Vater hatte, wusste ich bis dahin gar nicht.
Für mich war dieser Zugang genau das Richtige, denn irgendwie passte dieser manchmal träumerische und eher märchenhafte Zugang zu Werk und Autor gleichermaßen. Gleichzeitig kann ich mir aber gut vorstellen, das er für seine Mitmenschen sicher auch nicht gerade der einfachste Mensch war. Dieser Aspekt bleibt etwas im
Verborgenen. Man merkt manchmal schon, das hier jemand im Hintergrund (aka Endes Freund Hocke) die Finger mit mit im Spiel hatte. Es ist klar, das damit ein bestimmtes Bild gezeichnet wird und auch so gezeigt werden sollte. Einem Roman kann ich das eher verzeihen (bis zu einem bestimmten Punkt natürlich) als ich das bei einem sachlichen Buch könnte.
Ich persönlich fand diesen ersten Zugang zu Endes Leben wirklich sehr schön und hätte mir nur hi und da weniger Glättungen gewünscht.