Rezension

Witz, Wortgewalt und Weltverbesserung

Weltverbessern für Anfänger - Stepha Quitterer

Weltverbessern für Anfänger
von Stepha Quitterer

Bewertet mit 5 Sternen

Das ernste Thema „Pflege“ wird in diesem Jugendbuch hinreißend witzig und doch sehr einfühlsam in Szene gesetzt. Ganz hohe Kunst!

Als in Minnas Schule ein Weltverbesserer-Wettbewerb ausgeschrieben wird, rauchen die Köpfe. Denn der Hauptpreis ist eine Klassenfahrt nach Tallinn. Ob ihre zerstrittene 7a dafür wohl etwas auf die Beine stellen kann? Nach einem Besuch bei ihrer schwerkranken Großmutter reift in ihr ein Plan.

 

Stepha Quitterer hat ein Anliegen. Sie möchte das Thema Pflegenotstand ins Leserbewusstsein bringen. Genauer gesagt, ins jugendliche Leserbewusstsein.

Wer jetzt meint, das könne nur moralisch und langweilig gelingen, liegt völlig daneben. Schon allein der Schreibstil! So frisch, so ungewöhnlich, so voller Wortwitz und von Ideen sprühend! Was für ein Spaß! Vielleicht mögen die am laufenden Band produzierten Wortschöpfungen und der durchaus anspruchsvolle Wortschatz aus Minnas Mund etwas den Lesefluss abbremsen, zumal ein wenig bayrische Mundart hinein gewoben ist, aber der Genuss an dieser Ausdrucksfreude kann das mehr als kompensieren. 

Wie die Sprache sprudelt auch die Handlung von originellen Einfällen über. Schlag auf Schlag erleben wir Fortschritte, Rückschläge und alles, was an Überraschendem dazwischen noch Platz hat. 

Minna ist ein starkes Mädchen, das den nötigen Biss, den besten Freund Benni, ihren Schwarm Pawel, ein Problem mit der zickigen Mädchenclique und die weltunbeliebteste Lehrerin in Latein hat. Dann gibt es noch ihre wunderbare Schauspielermutter Suse, die so gut im Ermutigen ist, und natürlich die Oma, deren Erkrankung den Stein ins Rollen bringt. Und noch viele mehr. All diese Charaktere sind derart anschaulich und aussagestark in Szene gesetzt, dass sie blitzschnell zu Bekannten, Freunden, Feinden heranwachsen. 

Wie es der Autorin gelingt, diesen lebendigen Wusel und den überbordenden Humor mit dem gesellschaftskritischen Blick auf den erbärmlichen Zustand der Altenpflege zu verknüpfen, ist grandios. Ganz ohne Pathos, ohne Sentimentalität und ohne Klischee schafft sie mit großer Einfühlung tragikomische Momente. Das Allerschönste ist, dass sie es nicht bei der Kritik belässt, sondern ihren Vorschlag gleich mitgibt. Nämlich: Ein bisschen weltverbessern kann jeder!