Rezension

Witzig, chaotisch und erfrischend anders.

Das wandelnde Schloss - Diana Wynne Jones

Das wandelnde Schloss
von Diana Wynne Jones

Bewertet mit 4 Sternen

„Das wandelnde Schloss“ stammt aus der Feder von Diana Wynne Jones und wurde erstmals im Jahr 1986 unter dem Originaltitel Howl's Moving Castle veröffentlicht. Im Jahr 2005 wurde das Buch unter dem Titel „Sophie im Schloss des Zauberers“ erstmalig in Deutschland verlegt. Zudem diente dieses Werk als Vorlage für den bekannten Anime-Film „Das wandelnde Schloss“ von Hayao Miyazaki. Inhaltlich weichen Buch und Film jedoch an vielen Stellen voneinander ab.

Im Hinblick auf den Roman ist es interessanterweise weniger die Entwicklung der Handlung, die für Spannung sorgt. Hauptsächlich sorgen die Charaktere für eine angenehme Unterhaltung, der eigentliche Plot eher weniger. Diana Wynne Jones arbeitet auf den ersten Blick nur mit Klischees: Sophie, die graue Maus, Howl, der böse Zauberer und Calcifer, der unberechenbare Feuerdämon. Doch alle ihre Charaktere überzeugen durch eine liebevolle Ausarbeitung und wie so oft trügt der Schein. Der Leser trifft auf jede Menge Macken, schrullige Eigenschaften und versteckte Charaktereigenschaften. Eine mürrische alte Frau mit einer übertriebenen Neigung zum Putzen, ein treuloser, eitler Zauberer, und ein zuweilen recht panischer Feuerdämon sorgen mit viel Witz und Charme für eine amüsante Unterhaltung des Lesers. Sophies Ziel, und somit der rote Faden der Handlung, verblasst stellenweise komplett. Was bei anderen Büchern eine Schwachstelle ist, wirkt bei Diana Wynne Jones einfach nur charmant. Das Zusammenspiel der Charaktere lässt den Roman zu einem humorvollen Abenteuer werden, das den Leser bestens unterhält. Witzige Dialoge und skurrile Szenen lassen unterhaltsame Bilder im Kopf entstehen.

"So sah eine typische Seite von Sophies Notizen aus:
Kann Knoblauch Neid abwehren? Ich könnte einen Stern aus Papier ausschneiden und dann fallen lassen. Könnten wir es Howl erzählen? Howl würden Nixen sicher besser gefallen als Calcifer. (…)
Ist Howl ein Teufel? Gespaltene Zehen in Siebenmeilenstiefeln? Gestiefelte Nixen?"

Zitat aus "Die Howl-Saga 1 - Das wandelnde Schloss" von Diana Wynne Jones, Seite 128.

Der Erzählstil ist der Zielgruppe von zehn bis elf Jahren entsprechend einfach gehalten und gleitet bisweilen in Umgangssprache ab. Für erwachsene Leser ein kleines Manko, jedoch entstehen trotzdem ausreichend Bilder der Schauplätze im Kopf. Diese beschränken sich weitestgehend auf das Schloss und eine Handvoll kleiner Städte in der Welt Ingari, doch das kaum vorhandene Setting tut der Unterhaltsamkeit des Romans keinen Abbruch – eher im Gegenteil. Auf diese Weise kann der Leser sich voll und ganz auf das humorvolle Zusammenspiel der Charaktere konzentrieren. Märchenelemente und Figuren wie die böse Stiefmutter, den Zauberlehrling, die garstige Hexe, ein Schloss und die berühmten Siebenmeilenstiefel dürfen in dieser Geschichte natürlich nicht fehlen. Diana Wynne Jones gelingt es mühelos, diese bekannten Elemente mit viel Humor zu verpacken und daraus ein gewitztes Märchen zu erschaffen.

„Das wandelnde Schloss“ ist ein humorvolles Kunstmärchen, das mit viel Witz und Charme zu gefallen weiß. Liebenswert verschrobene Charaktere, geschickt verwobene Märchenelemente und viel Humor sorgen für ein zeitloses Abenteuer, das nicht nur junge Leser bestens unterhalten kann.