Rezension

Witzige Idee, teils eklige Umsetzung

Brechreizend - Catherine Price

Brechreizend
von Catherine Price

Natürlich sollte man dieses Buch mit einer guten Portion Humor - am besten Ironie - nehmen. Auch wenn die Rede von wahren Orten ist, sind es meist keine Reiseziele, die zuoberst auf einer Liste stehen, geschweige denn überhaupt bekannt sind. Darüber soll diese Ansammlung Kuriositäten wohl berichten. Ein Fundus für Smalltalk (mit Besitzern von starken Mägen).

Zuerst fand ich es ganz witzig, der Schreibstil ist humoristisch und berichtet zum einen begeistert von etwas Grausigem, dann aber wieder ehrlich über etwas, was alle für schön hielten, sich aber bei näherem Betrachten als doch nicht soooo toll herausstellt. Die Autorin fühlte sich gestresst durch Artikel und Bücher mit Titeln wie "100 Orte, die sie gesehen haben müssen bevor Sie sterben" oder "1001 Sache, die sie vor Ihrem Tod probiert haben müssen", bis zur uns Leseratten bekannten "1001 Bücher/Klassiker, die man im Leben gelesen haben sollte". Solche Listen können Stress verursachen, also setzte sich die Autorin hin und sammelte Geschichten über Orte, die man eben getrost nicht gesehen haben muss. Diese Idee war auch mein Kaufgrund.

Während der Lektüre schleppte ich mich jedoch fast in eine Leseflaute. Die Geschichten sind zwar toll erzählt, kurz und knapp und wie gesagt peppig mit Humor. Doch ich machte die Erfahrung zu lange am Stück darin zu lesen, schlägt irgendwie auf die Laune und/oder den Magen. Denn es fühlt sich leider an wie eine Sendung von Galileo über die kuriosesten Orte der Welt, wo in einer Viertelstunde zu viel Information (die zwar eigentlich interessant wäre, aber man gar nicht aufnehmen kann) in eine Hitliste gestopft wird. Oder man fühlt sich, als lese man Zeitung: Ein unglücklicher Bericht nach dem anderen. Deswegen empfehle ich das Buch unbedingt für unterwegs. Im Zug, Bus, im Wartezimmer oder sonstwo, für Leser, die nur kurze Zeit ins Buch schauen und deshalb kurze Kapitel mögen. Das ist das perfekte Buch! Die Geschichten sind zwischen 2-5 Seiten lang, manchmal sogar mit einem Bild. 

Eine nette Abwechslung war es trotzdem. Ich sehne mich nun zwar wieder nach einem Roman mit einer durchgehenden Geschichte und nicht einer Ansammlung kurzer Berichte. Informativ und unterhaltsam war es dennoch. Denn die Reiseziele sind so unterschiedlich, dass sie teils sogar etwas weit hergeholt sind. Zum Beispiel "eine Tierkörperverwertungsanstalt" oder "das Innere des Geburtskanals einer Tüpfelhyäne". Meiner Meinung nach Lückenfüller, denn diese Orte sind nicht mehr als Reiseziele zu definieren und brachten mich eher zur Annahme, dass die Autorin sich in der Recherche von möglichst ekligen Orten verloren hat. Diese Beiträge waren es auch, die mir die Leselust etwas vermiesten, obwohl Geschichten wie "Euro Disney" und "ein Nachtzug in China am ersten Tag der ersten Menstruation" sehr lustig (ja, Schadenfreude) war. Ausserdem war es amüsant eine Reisedestination im Buch zu finden, die ich selbst schon besucht habe.
Für kurze Geschichten für unterwegs oder als Geschenk für reisewütige Freunde: toll. Als Roman in einem Stück durchzulesen: eher kontraproduktiv.
 

3/5 Sterne