Rezension

Wo bekommt man einen solchen Papst her?

Hosianna! - Johanna Alba, Jan Chorin

Hosianna!
von Johanna Alba Jan Chorin

Bewertet mit 5 Sternen

»Verwüstet. Ein anderes Wort fiel Petrus nicht ein. Ein Luftzug wirbelte die Papiere auf, die überall verstreut lagen. Die Vorhänge bauschten sich in Fetzen ins Zimmer. Die Türen des Kleiderschranks standen offen, Wäsche, Hemden, Soutanen lagen zusammengeknüllt auf dem Boden. Der Teppich war mit Scherben übersät. Flecken bedeckten den braunen Teppich. Petrus bückte sich instinktiv und berührte die dunklen Schatten. Sie fühlten sich feucht an.«

Papst Petrus II ist wieder gefordert! Zwar ist es kurz vor Weihnachten und eigentlich müsste er sich auf seine Weihnachtspredigt vorbereiten und das Urbi et orbi in diversen Sprachen üben, aber wenn seine Schwestern ihm berichten, dass ein junger spanischer Priester, der in ihrem Palazzo wohnt, unter mysteriösen Umständen verschwunden ist, dann muss er schließlich nach dem Rechten sehen! Erst recht, als sich der Verdacht erhärtet, dass der Priester Opfer eines Verbrechens geworden ist, denn noch einen Skandal kann seine Kirche nicht gebrauchen. Nein, Polizei und Öffentlichkeit sollten davon nichts erfahren, darum kümmert man sich besser selbst. Als es zu weiteren ungewöhnlichen Vorkommnissen im Palazzo kommt, spitzt sich die Lage zu...

Einen solchen Papst müsste man haben! Ich finde ihn absolut wunderbar, denn er ist herrlich menschlich! Sehr zum Leidwesen übrigens seiner strengen Haushälterin Immaculata, die sich berufen fühlt, an vorderster Front gegen alle nur erdenklichen Laster zu kämpfen. Und Petrus hat davon (ihrer Meinung nach) reichlich, verwandelt den Vatikan in einen regelrechten Sündenpfuhl! Man stelle sich nur vor: Ein Heiliger Vater, der allmorgendlich in der Gazzetta dello sport die Fußballtabellen studiert, mit einem alten Priestermantel getarnt durch Rom streift, gerne auch mal als Sozius auf der Vespa seines Privatsekretärs und der der teuflischen Genusssucht frönt...

»Und jetzt gehen wir schlafen«, sagte Petrus, trank aus und sammelte die leeren Bierflaschen ein. »Ich verstecke sie in meiner Privatkapelle. In der Sakristei. Einer von uns muss sie morgen aus dem Vatikan schmuggeln.« »Aber Immaculata wird merken, dass im Kühlschrank Bier fehlt.« »Wir sagen, dass Kardinal Rizzoli geklingelt und Bier geschnorrt hat. Das ist völlig glaubhaft. Seine Haushälterin ist noch strenger als Immaculata und duldet keine Flasche im Haus. Normalerweise kauft er nachts an der Tankstelle, aber die hat heute früher zu, weil Feiertag ist.« »Aber ... das wäre ... nicht ganz die Wahrheit.« »Kardinal Rizzoli hätte demnächst geklingelt - ich bin mir ganz sicher.«

 

Petrus tatkräftige Mitstreiter sind seine Pressesprecherin Giulia und sein Privatsekretär, ein junger Franziskanermönch namens Francesco. Die beiden haben ihn schon bei "Halleluja!" und "Gloria!" unterstützt, bilden in Sachen Detektivarbeit ein tolles Team. Allerdings stellt die gute und enge Zusammenarbeit vor allem Francesco vor ein gewaltiges Problem - nun ja, man kann keinen Papst-Krimi schreiben, ohne irgendwo das Thema "Zölibat" mit einzubringen. Auf jeden Fall sind die beiden mir sehr sympathisch, wie übrigens auch die leicht schrägen Schwestern von Petrus, die sich samt Kater Monsignore im Vatikan einquartieren und Immaculata an den Rand der Verzweiflung bringen.

 

Abgesehen von diesen sehr unterhaltsamen Aspekten gibt es natürlich auch noch eine Krimihandlung. Eins muss man diesem Papst lassen: Er ist ein toller Ermittler, hat Ideen und setzt diese kreativ um. Daraus ergibt sich eine intelligente Krimihandlung, bei der man ruhig miträtseln kann. Am Ende schafft Petrus es, die Auflösung mit einer weihnachtlichen Note zu verbinden - das muss ihm erst mal einer nachmachen ;-)

 

Fazit: Wo bekommt man einen solchen Papst her? Ich hatte viel Spaß an diesem Buch und hoffe, dass es noch weitere Fälle für Petrus geben wird.

 

»Es ist immer verdächtig, wenn sich alle gern mögen«, sagte Petrus. »Meine Kardinäle mögen sich auch alle gern. Trotzdem haben wir in diesem Kreis immer wieder unerklärliche Todesfälle zu beklagen.«