Rezension

Wo findet man das Glück?

Acht Berge
von Paolo Cognetti

~~Dieser großartige Roman wurde in Italien mit dem Premio Strega, dem bedeutendsten Buchpreis des Landes ausgezeichnet. Wie ich finde, absolut zu Recht.

Pietro und Bruno sind grundverschieden. Doch verbindet sie bereits seit ihrer Kindheit eine tiefe Freundschaft, die ein Leben lang anhalten wird. Pietro wächst in Mailand auf, aber seine Sommerferien verbringt er in einem kleinen Bergedorf in den italienischen Alpen, wo Bruno als einfacher Bergbauernsohn lebt. Ersterer geht immer wieder in die Stadt zurück, um seine Ausbildung voranzutreiben und zu arbeiten. Aber immer wieder kehrt er zurück in die Berge, wo er so etwas wie eine innere Heimat gefunden hat. Bruno dagegen wird seinen Heimatort nie verlassen. Die lebenslange Suche zweiter Freunde nach dem Glück.
"Die Zukunft entfernte mich von den Bergen meiner Kindheit, was schade und schön zugleich war, einfach unvermeidlich." Seite 98

Wie Pietro verbringt der Autor Paolo Cognetti die Sommermonate gerne in einer Hütte in den Bergen. Auch der Geburtsort Mailand und die Dokumentarfilme finden sich in beiden Lebensläufen. Vielleicht wirkt die Geschichte deshalb so authentisch, weil sie es ist. Ein beeindruckender Roman, gewaltig in Sprache und Naturbildern.

Wie nebenbei erfährt man viel Wissenswertes über die Bergwelt, über Gletscher, Käseherstellung, Hüttenbau. Der Autor bringt seinen Lesern den einfachen Lebensalltag in kleinen, aussterbenden Bergdörfern nahe. Dabei ist die Sprache schlicht, aber sehr gut lesbar. Die Stärke dieses Romans liegt in der ruhigen Erzählweise, die sehr wohl tiefe Emotionen transportiert und perfekt die Stille und Ruhe der Berge widerspiegelt.

Neben der Freundschaft zwischen Pietro und Bruno steht noch die etwas schwierige Vater-Sohn-Beziehung im Fokus. Die Liebe zur Natur und die Sehnsucht nach den Bergen hat Pietro von seinem Vater geerbt, den es auch immer wieder dorthin zurückzog. Dennoch kommen sich die beiden nie wirklich nahe, steht irgendetwas immer zwischen ihnen.
Die Protagonisten sind sehr gut ausgearbeitet und gut vorstellbar. Es geht um ganz grundsätzliche Fragen. Indem man die unterschiedlichen Lebensentwürfe betrachtet, fragt man sich, welche Lebensweise ist wohl die bessere, wo findet man sein Glück. Man reflektiert und vergleicht.

"Mir war, als hätte ich etwas Wichtiges verpasst, während ich mit anderen, unwichtigen Dingen beschäftigt gewesen war, an die ich mich nicht mal mehr erinnerte." Seite 133

Ein ruhiges Buch, das große Lebensweisheiten in sich birgt. Eine dringende Leseempfehlung!