Rezension

Wonder Woman als Teenager... unterhaltsam, aber nicht Bardugos bestes Buch

Wonder Woman - Kriegerin der Amazonen - Leigh Bardugo

Wonder Woman - Kriegerin der Amazonen
von Leigh Bardugo

Bewertet mit 3 Sternen

Angefixt durch „Das Lied der Krähen“, habe ich im Moment einen echten Bardugo-Fimmel und lese alles bzw. alles noch einmal, was die Autorin bisher veröffentlicht hat. Wie keine andere füttert sie das Genre gegenwärtig mit starken Charakteren und überraschenden Plottwists. Weil ich außerdem ein großer Fan von Comic-Verfilmungen bin, stand „Wonder Woman - Kriegerin der Amazonen“ seit Monaten auf meiner Wunschliste.

Ähnlich wie im Film mit Gal Gadot ist Diana, alias Wonder Woman, bei Bardugo eine Prinzessin, die abseits der menschlichen Welt auf der Amazoneninsel Themyscira lebt, sich aber oft ausgeschlossen fühlt. Im Gegensatz zu ihren Amazonenschwestern, konnte sie sich bisher nie durch besondere Taten hervortun, sondern ist „nur“ das aus Lehm geformte Wunschkind der Königin. So hungert Diana danach, sich im Kampf zu beweisen und als die junge Alia vor der Küste von Themyscira Schiffbruch erleidet, will Diana ihr unbedingt helfen. Aber Alia birgt ein Geheimnis und plötzlich steht nicht nur das persönliche Schicksal der beiden jungen Frauen auf dem Spiel, sondern das der ganzen Welt.

Ab 13 Jahren wird das Buch empfohlen und es wirkt entsprechend jugendlich. Leigh Bardugo stellt gleich zwei junge Mädchen in den Mittelpunkt der Geschichte und wie das in einem bestimmten Alter so ist, sind beide relativ unerfahren und müssen erst noch ihren Weg finden. So wundert es auch nicht, dass Leigh Bardugo über Perspektivwechsel sowohl Diana, als auch Alia ihren persönlichen Raum zugesteht. Beide sind für die Geschichte wichtig und umso überzeugender, je näher der Leser ihnen kommen darf. Mir haben diese Wechsel gut gefallen. Die Mädchen sind starke Persönlichkeiten und zeigen geballte Girlpower, die nie aufgesetzt wirkt und auch nicht im Laufe der Handlung von einem dominanten, männlichen Charakter geschmälert wird. Dianas emanzipierte Art ist in diesem Zusammenhang teilweise extrem unterhaltsam, weil sie als Außenstehende einer immer noch männlich dominierten Gesellschaft den Spiegel vorhält, nichts einfach hinnimmt und Rollen ständig hinterfragt.

Gerade solche Szenen machten für mich die Stärke der Geschichte aus und ich hätte mir gewünscht, dass Leigh Bardugo sich durchgehend auf die Freundschaft und die Mission der beiden Mädchen konzentriert. Aber für eine Abenteuerfahrt findet sich in Film und Literatur ja gerne eine starke Truppe zusammen und so schickt auch Leigh Bardugo noch ein paar weitere Charaktere ins Rennen und auf die Reise. Nur irgendwie wurde aus dieser Truppe für mich kein überzeugendes Team. Alias Bruder Jason ist als Figur natürlich nicht aus dem Buch wegzudenken, zumal er als Gegenpart zu Diana eine großartige Reibungsfläche abgibt. Er ist der Typ, der gerne bestimmt. Sie auch. Dadurch sind die Gespräche der beiden zwangsläufig oft witzig und ich fand es großartig, dass Diana bis zuletzt bei ihrer direkten Linie geblieben ist. Zwei weitere Charaktere schnitten im Vergleich mit Diana, Alia und Jason leider nicht ganz so gut ab oder hatten im Rahmen dieses Einzelbandes vielleicht einfach nicht genug Entfaltungsmöglichkeiten. Die modeverrückte, lesbische Nim und Mädchenschwarm Theo blieben mir beide zu blass und ungreifbar.

Mit ihrem Erscheinen stehen plötzlich auch kleinere Reibereien und Äußerlichkeiten im Vordergrund, so dass die Geschichte nach einem wirklich guten, überzeugenden Start zur Mitte hin inhaltlich etwas mau wirkt. Als es dann auch noch gut gelaunt zu einer Party geht, während gerade die Zukunft der Welt auf dem Spiel steht, suchte ich zeitweise sowohl die Spannung, als auch die Logik. Und warum die ersten Bösewichte, die auf den Plan treten, unbedingt blonde, bürstenhaarschnittige Deutsche mit blauen Augen sein müssen, habe ich auch nicht ganz verstanden. Eine kleine Referenz an den Originalcomic? Anders kann ich es mir nicht erklären, denn dieses Klischee ist für die sonst eher für Vielfalt bekannte Leigh Bardugo untypisch und steht im krassen Gegensatz zu vielen anderen Motiven des Buches.

Da ist es schon ein kleines Kunststück, wie Leigh Bardugo es schafft, den Spannungsbogen trotz zeitweiliger Schwächen nie ganz abreißen zu lassen. Ein Grund dafür ist sicher die interessante Grundidee, die sich nicht hinter anderen Wonder-Woman-Adaptionen verstecken muss und mir sogar besser gefallen hat, als die des Films. Während die Kinoversion im Ersten Weltkrieg spielt, treffen hier griechische Mythologie und 21. Jahrhundert aufeinander, was ein bisschen an Percy Jackson erinnert, aber einen eigenen, modernen Hintergrund hat. Für den spektakulären Showdown wäre eine Umverteilung der Seiten allerdings nicht schlecht gewesen. Einfach im Mittelteil ein, zwei Kapitel einsparen und stattdessen ins Finale packen, das abgesehen von der Kürze wirklich alles bietet, was das Superheldenherz begehrt - Action, Spannung, Dramatik und eine richtig gute Wendung, die für mich persönlich allerdings nicht ganz überraschend kam. Denn wie gesagt, ich lese im Moment viel von der Autorin... :-)

Fazit: „Kriegerin der Amazonen“ ist eine Auslegung von „Wonder Woman“, der eine tolle Grundidee zugrunde liegt und sich vielen genretypischen Klischees entgegen stellt. Leider wurde manches zu halbherzig entwickelt. Ein starker Anfang, ein starkes Ende, aber im Mittelteil hätte Leigh Bardugo stärker in die Hauptpersonen und essenzielle Ereignisse investieren sollen. Unterm Strich ein unterhaltsames, ein gutes, aber kein perfektes Buch für mich!