Rezension

Worte für das zu finden, was ich beim Lesen dieses Buches gefühlt habe, ist mir relativ schwer gefallen, denn dieses Buch ist auf jeden Fall etwas Besonderes!

Rot wie das Meer
von Maggie Stiefvater

Bewertet mit 5 Sternen

Im November kommen die Capaill Uisce, genauso grausame wie wunderschöne Wasserpferde auf die Insel Thisby und das bedeuetet, dass das Skorpio-Rennen stattfindet, bei dem die männlichen Inselbewohner auf diesen Tieren gegeneinander antreten. Wer dieses Rennen gewinnt, erlangt Ruhm, Ehre und vor allem Geld. Genau aus diesem Grund entschließt sich Puck Connolly als erste Frau in der Geschichte des Rennens teilzunehmen. So auch Sean Kendrick, der aber im Gegensatz zu ihr, schon bereits viermal das Skorpio-Rennen gewonnen hat. Wer wird dieses Jahr gewinnen und wessen Blut färbt am Ende die Wellen rot?

 

Ich gehöre wahrscheinlich zu den wenigen Menschen, die die Mercy-Falls-Trilogie nicht gelesen hat, weshalb ich vollkommen unvoreingenommen in diese Lektüre gegangen bin. 
Aber ich muss sagen, dass ich absolut begeistert bin!

Schon die Idee ist sehr originell. Fleischfressende Wasserpferde gab es, so weit ich weiß, noch in keinem Jugendbuch und diese Tiere dann auch noch in Kombination mit einem Rennen zu stecken, fand ich genial!

Die Handlung wird von Puck, die eigentlich Kate heißt, und von Sean Kendrick erzählt, obwohl Puck ihre Stimme öfters erklingen lässt. 
Diese Perspektivenwechsel haben mir sehr gut gefallen, denn so erfährt viel über diese beiden doch sehr verschiedenen Charaktere und ihre unterschiedlichen Gründe am Rennen teilzunehmen und was sie sonst im Leben antreibt.

Puck lebt allein mit ihren zwei Brüdern und ihrer kleinen Stute in einem Haus auf den Klippen, seitdem ihre Eltern auf dem Ozean von Wasserpferden getötet wurden. Ihre finanzielle Situation ist mehr als schlecht, so schlecht, dass sie beim Rennen mitmachen möchte.
Durch ihren schweren Verlust wirkt sie hart und furchtlos, doch eigentlich ist nur einsam und hat Angst vor noch mehr Verlust. 

Sean dagegen ist bereits der unbestreitbare Champion der Skorpio-Rennen, aber auch sein Grund, warum er immer wieder an diesem Rennen teilnimmt, ist das Geld. Allerdings aus einem anderen Grund wie Puck.
Er möchte das Wasserpferd kaufen, das damals vor vielen Jahren seinen Vater tötete und auf dem er die Siege errungen hat.
Dieser Antrieb erscheint einem merkwürdig. Warum sollte er das Tier kaufen wollen, das seinen Vater umbrachte? Aber ich kann ihn vollends verstehen, dazu komme ich später aber noch.

Diese beiden Protagonisten stehen auch sehr im Fokus der Handlung, das kommende Rennen passiert tatsächlich erst auf den letzten 30 Seiten, dadurch entsteht eine gewisse Ruhe in der Geschichte. 
Manch einen mag das langweilig vorkommen, aber genau diese "Ruhe vor dem Sturm" passt meiner Meinung nach perfekt.
Und es ist nicht so, dass gar nichts passiert. 
Die Reiter stecken in der Trainingsphase und es kommt mehr als einmal zu haarsträubenden Unfällen.

Zu dieser Ruhe trägt auch Frau Stiefvaters detailreicher Schreibstil bei. Ich mag ausführliche Beschreibungen allgemein sehr gerne, weshalb ich ihre Formulierungen sehr mochte und dem Stil also nur alle Daumen hoch geben kann.

Das alles schön und gut. Doch der eigentliche Grund, warum mir diese Geschichte so unglaublich gut gefallen hat, ist die Realität der Liebe zu den Tieren.
Wegen dieses Punktes habe ich lange überlegt, ob ich überhaupt eine Rezension schreibe, da ich nicht wusste, ob ich die richtigen Worte finden kann. Ich habe sie wahrscheinlich immer noch nicht gefunden, aber ich erwarte auch nicht, dass mich jeder versteht.

Ich reite selber und bin praktisch seit meiner Geburt, aufgrund Verwandten als Pferdebesitzer, eine absolute Pferdeliebhaberin.
Und die Gefühle, die Puck und Sean verspüren, wenn sie reiten und ihnen der Wind durch die Haare fährt und sie frei sind, kann ich nachvollziehen, da das auch für mich das schönste überhaupt ist.
Wie heißt es so schön:

"Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde."

Und natürlich ist es merkwürdig, dass Sean Kendrick das Tier, das ihm seinen Vater wegnahm, so sehr liebt, aber Sean Kendrick hat verstanden, dass sein Vater Angst hatte, als er aufgestiegen ist, also kurz bevor er starb und das Pferde diese Angst spüren können und das Capail Uisce eben so realisieren konnte, dass er ein leichtes Opfer ist.
Damit will ich nicht sagen, dass Seans Vater selber Schuld hat an seinem Tod, aber er hat vergessen, dass er mit einem gefährlichen Wesen arbeitet und dass dieses Wesen, wenn es die Gelegenheit dazu hat, nach seiner Natur handeln wird.
Sean Kendricks Devise ist so einfach wie genial:

"Dreh einem Capaill Uisce nie den Rücken zu!"

Vielleicht ist das nicht das beste Beispiel, da normale Pferde kein Fleisch fressen, aber wenn ich vom Pferd falle, steige ich auch wieder auf, denn es ist ein Fluchttier und wenn es sich erschreckt, muss man damit rechnen, dass es wegrennt und man runterfällt. 

Beim Lesen habe ich mich gefragt, ob Maggie Stiefvater selber reitet, denn ich muss es nochmal sagen, Pucks und Seans Gefühle sind echt und für mich komplett nachzuvollziehen.
(So, dass war jetzt mein kleiner emotionaler Ausflug in die Welt der Pferde und ich hoffe, ihr haltet mich jetzt nicht für total bescheuert.)

Die letzten Seiten waren dann im Vergleich zum Anfang und Mittelteil sehr rasant und, wie man es schon vom Klappentext erwarten kann, blutrünstig.
Doch das wirkliche Ende, also die allerletzten Seiten, konnten mir dann noch vor Rührung Tränen in die Augen treiben, ich hätte am liebsten selbst ein Capaill Uisce gehabt.

 

Fazit

"Rot wie das Meer" ist ein sehr besonderer Roman über Grausamkeit, aber auch die Schönheit, die ihn ihr versteckt ist, über Mut und Liebe.
Die Idee, der Schreibstil, mein persönlicher Bezug zu den Protagonisten und das wunderschöne Ende machen dieses Buch zu einem meiner neuen Lieblinsbücher.