Rezension

Wortgewaltiger Debütroman für besonders sprachaffine Leser

Der Wortschatz
von Elias Vorpahl

Bewertet mit 4 Sternen

"Der Wortschatz" ist Elias Vorpahls Debütroman und ein sehr spezielles Buch, das ich dem Bereich "Fantasie" oder "Märchen" zuordnen würde. Ich lese sehr selten Werke dieser Genres, und deshalb fehlt mir vielleicht ein bisschen die Übung darin, mich einfach in solche Geschichten fallen zu lassen und ihrem Zauber ganz und gar zu erliegen.

Protagonist dieses Buches ist ein Wort. Von einem Menschen achtlos ausgesprochen, irrt es ohne Gedächtnis ziellos umher. Zusammen mit dem Wort begibt sich der Leser auf eine Reise durch die Welt der Sprache, um Worts Bedeutung wiederzufinden.

Generell hat mir das Buch gut gefallen. Und ich bin tief beeindruckt von der Wortgewalt dieser Geschichte. Der Autor ist sehr bibliophil und scheint eine tiefe Liebe zur Sprache zu hegen (Und das als Mathematiker!). Dies merkt man schon nach wenigen Zeilen. Wie er die Welt der Worte darstellt, ist schlichtweg genial - fordert dem Leser aber auch vieles ab. Wortspiele, Metaphern - oder eben auch nicht - , Querverweise auf literarische Werke, Welten in Welten, Geschichten in Geschichten,... Man muss oft um die Ecke denken und den ein oder anderen Satz auch mehrmals lesen.

Ich gebe zu, manche Dinge habe ich schlichtweg nicht kapiert. Und da ich zwar vielbelesen bin, mich aber eher schlecht in der Welt der klassischen Literatur auskenne, ist wohl auch so manche Anspielung an mir unbeachtet vorbeigegangen. Manche Dinge bzw. Begebenheiten waren mir auch zu schräg. Darauf muss man sich einlassen können, und ich gebe zu, das konnte ich nicht immer. Und so habe ich auch mal ein paar Seiten gelesen und mir gedacht: "Ok... hm... was meint der Autor jetzt damit?" Ich schätze, dass mir so einiges verborgen geblieben ist, was ich schade finde. Vielleicht würde es helfen, das Buch noch ein weiteres oder sogar mehrere Male zu lesen. Ich kann mir gut vorstellen, dass man jedes Mal immer mehr entdecken und verstehen wird.

Die Geschichte des Wortes an sich ist nicht so wahnsinnig spannend, aber darum geht es hier nicht. Man lernt zusammen mit dem Wort eine magische Welt kennen und steuert auf die große Auflösung zu: Wie heißt denn nun eigentlich unser Wort? (Das wird hier natürlich nicht verraten!) Und auch hier ist, wie so oft, der Weg das Ziel. Uns Leser soll Worts Geschichte auch zum Nachdenken anregen, z. B. über den doch heutzutage sehr laxen, lieblosen Umgang mit der Sprache.

Obwohl ich generell die Optik eines Buches nicht in meine Bewertungen einfließen lasse ("Don't judge a book by its cover."), muss ich hier eine Ausnahme machen, denn die liebevollen Illustrationen machen aus diesem Wort- auch einen kleinen Buchschatz, der sich gut im Regal macht und ihn auf jeden Fall zu einem tollen Geschenk für Bibliophile werden lässt. Erwähnenswert auch deshalb, da der Roman komplett im Eigenverlag erschienen ist und gerade hier eine solch hochwertige Qualität nicht selbstverständlich ist.

Alles in Allem ist "Der Wortschatz" ein wortgewaltiges Erstlingswerk, das sich meiner Meinung nach vor allem an Leser richtet, die sehr sprachaffin sind und sich in der Welt der Literatur zumindest einigermaßen gut auskennen. Allen Anderen empfehle ich zuerst einen genaueren Blick in die Leseprobe, um zu schauen, ob man mit dem Schreibstil zurecht kommt.