Rezension

Wow...

Ich gebe dir die Sonne - Jandy Nelson

Ich gebe dir die Sonne
von Jandy Nelson

Bewertet mit 5 Sternen

Ich kann gar nicht in Wort fassen, wie sehr ich dieses Buch liebe. Es hat mich so glücklich, so melancholisch und wieder glücklich gemacht, dass ich gar nicht mehr weiß wohin mit meinen Emotionen und wie ich dieses Buch beschreiben soll, um ihm gerecht zu werden.
Jandy Nelsons Schreibstil ist einfach unglaublich. Er ist mitreißend, völlig anders als alles was ich bisher gelesen habe und vermittelt unfassbar viele Emotionen. Durch ihre Art zu schreiben macht einen das Buch glücklich, man hat die ganze Zeit ein warmes Gefühl im Bauch, selbst wenn es zwischendurch traurig und ernst wird. Ich saß des öfteren breit grinsend in der S-Bahn und das, obwohl ich eigentlich ein Leser-Pokerface habe. Und achja, nur so nebenbei, sexy kann sie auch. Aber das nur am Rande.
Die Themen dieses Buches erstrecken sich von Homosexualität über Missbrauch und Verrat, Verlust, Kunst und Geschwisterliebe. Und um die Liebe, natürlich. Über die hier so wunder- wundervolle Liebe. Obwohl ich zwar selbst nicht malen/gestalten/zeichnen kann und mich auch nicht für Picasso (etc) interessiere, übertrug sich v.a. Noahs Begeisterung dafür total auf mich. Eigentlich übertrug sich jede Emotion der Protagonisten direkt auf mich und das ist es, meiner Meinung nach, was ein verdammt gutes Buch ausmacht. Es ging in die Tiefe und machte einen trotzdem glücklich - eine Gradwanderung, die Nelson hier hervorragend gelungen ist.
Bei den Protagonisten muss ich sagen, dass mir Noah viel viel besser gefallen hat als Jude, weshalb ich gerne noch viel mehr aus seiner Sicht gelesen hätte. Das heißt aber nicht, dass ich Jude nicht mochte. Ich liebte Jude ebenfalls, aber Noah eben ein klein wenig mehr. Sie machen beide eine enorme Entwicklung durch, die auch am Ende des Buches noch lange nicht abgeschlossen ist. Von mir aus hätte das Buch auch noch 1000 Seiten weitergehen können, es wäre mir vermutlich nie langweilig geworden - im Gegenteil, vermutlich hätte ich selbst dann noch nicht genug gehabt. Ich finde, in dieser Geschichte kann man wunderbar sehen, wie sehr sich Menschen verändern können. Und auch, dass sich manche Menschen vor ihrem wahren Ich und der Wahrheit verstecken, weil sie einfach Angst haben, verletzt zu werden. Und wie sehr z.B. ein kleiner "Vorfall", ein nicht laut ausgesprochenes 'Nein' dein Leben auf Dauer schädigen kann und dass das Opfer selbst dann keine Schuld trägt. Es zeigt, wie einen ein Verlust mit Schuld und Wut und vor allem mit Leere zurücklassen kann und wie die Wahrheit zwar anfangs schwer zu ertragen, aber meistens eben doch das Richtige ist. Und es zeigt, wie sympathisch und wundervoll ein wenig Verrücktheit sein kann. Noahs Fantasie und Judes Unterhaltungen mit ihrer Großmutter sind das, was die beiden so besonders und absolut liebenswert macht.
Das Einzige, was mir nicht so gut gefallen hat, war am Schluß die Stelle mit den Seelen (ich möchte nicht spoilern, deshalb bin ich hier sehr vage), das war mir dann eindeutig zu kitschig und passte irgendwie nicht wirklich in den Rest der Geschichte und zu Judes Ängsten. Aber das war nur eine kurze Stelle in einem ansonsten ziemlich perfekten und vor allem extrem kreativen Buch.
Nach dem man dieses Buch gelesen hat, fühlt man sich frisch verliebt. Man hat Schmetterlinge im Bauch, ein Lächeln im Gesicht und das Bedürfnis, sofort ein Kunstwerk zu erschaffen. Für mich eindeutig eins meiner neuen Lieblingsbücher, das ich jedem nur ans Herz legen kann.
Definitiv ein neues Lieblingsbuch.