Rezension

Wunderbar gemütlich und gleichzeitig erfrischend unerklärlich

Auf Eis gelegt - Rebecca Michéle

Auf Eis gelegt
von Rebecca Michéle

Dass die kleine Grafschaft Cornwall als Haupthandlungsschauplatz der Geschichte ausgewählt wurde, gibt dem Krimi den heimeligen Flair, den man von einem Cozy Crime erwarten würde. Die Bewohner des Städtchens sind eigenartig, voreingenommen und misstrauisch gegenüber allem Neuen. Desto weniger mögen sie es, dass der Landsitz Higher Barton zu einem Romantic Hotel umgebaut wird und damit den lokalen Bed & Breakfirsts die Kundschaft stehlen. Ohne die Landschaft wirklich genießen zu können, sieht sich die Protagonistin Sandra Flemming deswegen bereits zu Beginn mit vielen Problemen konfrontiert. Trotz allem bleibt dem Leser die Schönheit der Umgebung nicht verborgen, denn detaillierte Beschreibungen der Ortschaft und des Hotels  geben einen wunderbaren Einblick in das Setting der Geschichte.

Ihr Blick schweifte über den Park hinweg und über hügelige Wiesen mit weißen Schafen. Kein Strommast oder ein anderes Merkmal des 21. Jahrhunderts störte das harmonische Bild. Sandra dachte unwillkürlich, dass dieser Ausblick seit hundert Jahren unverändert geblieben war. (S.39)

Anders als in den Agatha Christie Krimis, gibt es in Auf Eis gelegt eine recht überschaubare Anzahl an Figuren: die Protagonistin Sandra Flemming, ihr unleidlicher Chef und später Opfer Harris Garvey, die strenge Rezeptionistin Eliza Dexter, der Ermittler Christopher Bourke und eine Handvoll Mitarbeiter und Anwohner des Hotels. Ich fand es erfrischend, dass ich mir bei diesem Krimi, nicht wie bei einigen Hercule Poirot-Geschichten, die Namen der Figuren notieren musste, um beim Lesen nicht durcheinander zu kommen. Die Perspektive wechselt zwischen den Figuren, wobei die Geschichte jedoch hauptsächlich aus der Sicht von Sandra Flemming erzählt wird. Mit ihr gelingt daher die Identifikation auch am besten, denn als Leser erhält man ausführlichen Einblick in ihre Gedanken und dem was sie aufgrund des Mordfalls beschäftigt. Der Wechsel der Erzählperspektive hat mir dennoch sehr gut gefallen, denn er trägt dazu bei, dass der Krimi seine Spannung bis zum Ende aufrechterhält.

Mit Eichenholz getäfelte Wände, an der Decke dunkle Holzbalken, ein mannshoher, gemauerter Kamin, darüber eine Rosette aus alten Handfeuerwaffen. Auch wenn alles vorhanden war, was in einer modernen Hotelhalle erwartet wurde – Sandra fühlte sich um ein Jahrhundert in die Vergangenheit zurückversetzt. (S.29)

Die Entdeckung der Leiche ist relativ unspektakulär, aber auch das kenne ich nicht anders aus anderen Krimis desselben Genres. Die Handlung dreht sich also weniger um die Mordtat an sich, sondern um die Ermittlung und das Verhalten der Beteiligten. Die Autorin schafft es, den Leser bis zum letzten Drittel der Geschichte im Unwissen darüber zu lassen, wer der Täter ist. Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass der Tathergang noch ein wenig komplexer und ausgeklügelter gewesen wäre, sodass ich erst am Ende der Geschichte überrascht worden wäre, wer der Mörder ist. So hatte ich schon früh einen Verdacht, der sich letztlich auch bestätigt hat. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass mir der Plot der Geschichte sehr gut gefallen hat.

Der Deckel der Truhe klemmte, Mrs Roberts musste mit beiden Händen kräftig am Griff ziehen, bis der Deckel nach oben schwang. Sie schaute in die Truhe – und direkt in die weit aufgerissenen Augen eines ihr unbekannten Mannes. (S. 86)

Zu guter Letzt möchte ich noch etwas über die Beschaffenheit des Buches an sich sagen. Sofort beim ersten Aufschlagen ist mir das besondere Papier der Seiten aufgefallen, das angenehmer in der Hand liegt, als das Papier so manch anderer Bücher. Ich vermute, es handelt sich hierbei um hochwertigeres Papier, denn es ist unglaublich weich und fühlt sich richtig schön an, sodass ich beim Lesen immer wieder mit den Fingern darüber fahren musste. Auch die Gestaltung der Klappen, des Innenteils der Buchdeckel und das Cover haben mir sehr gut gefallen!

Fazit & Bewertung

Auf Eis gelegt von Rebecca Michéle ist ein Cozy Crime wie er im Buche steht. Ein abgelegener Schauplatz, der sich perfekt für eine Mordtat eignet, Figuren, die undurchsichtiger und rätselhafter nicht sein könnten und ein Mord, der sehr viele Fragen aufwirft. Wunderbar gemütlich und gleichzeitig erfrischend unerklärlich. Eine klare Leseempfehlung von mir!

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