Rezension

Wunderbar komisch und tiefgründig

Tschick - Wolfgang Herrndorf

Tschick
von Wolfgang Herrndorf

Als es in der Deutschstunde wieder hieß, wir würden eine Lektüre lesen, habe ich bereits damit gerechnet, den nächsten Klassiker aus einem bereits vergangenen Jahrhundert vor mir zur haben,  der vielleicht, wie die Lehrer immer behaupten ,,pädagogisch wertvoll“, aber trotzdem für uns Schüler öde, veraltet und nur schwer verständlich ist.  Doch als ich dann den Klappentext von ,,Tschick“ gelesen habe, habe ich mich richtig darauf gefreut, mit diesem Buch zu beginnen. Es verspricht, den Leser gemeinsam mit den beiden 14-jährigen Jungen Tschick und Maik auf eine schräge und lustige  Reise quer durch Deutschland mitzunehmen und sich dabei auf die Suche nach den wirklich wichtigen Dingen im Leben zu machen. Und ich kann euch sagen, es hält, was es verspricht und noch mehr. 
Maik Klingenberg ist ein Außenseiter ohne Freunde und freut sich dementsprechend herzlich wenig auf die bevorstehenden Sommerferien. Während seine Mutter wieder einmal in die „Beautyfarm“ - ein beschönigendes Wort für Alkoholentzugsklinik – muss und sein Vater mit der Assistentin verreist, sieht es für Maik so aus, als müsste er die Ferien wieder alleine verbringen. Doch da trittt Tschick auf den Plan. Der Russlanddeutsche Andrej Tschichatschow  aka Tschick hat es irgendwie von der Förderschule aufs Gymnasium geschafft und trotz der vielen sozialen Unterschiede zwischen Maik und Tschick gibt es doch eine Gemeinsamkeit: Sie beide sind Außenseiter. Und zu zweit ist man weniger alleine, richtig? Als Tschick dann mit der verrückten Idee aufkreuzt, zusammen mit dem von ihm geklauten Lada in die Wallachai zu seinem Großvater zu fahren, zögert Maik nicht lange und stimmt zu. Und so beginnt eine aufregende Reise, während der zwei Jungen versuchen, erwachsen zu werden. Neben vielen neuen Bekannten, denen sie auf ihrer Reise begegnen, einer schräger und komischer als der andere, wie zum Beispiel der ,,Adel auf dem Radel“ oder aber Isa, das Mädchen vom Schrottplatz, finden sie vor allem eins: Freundschaft. 
Da die Geschichte aus der Ich-Perspektive von Maik geschrieben wird, kann man die Geschehnisse hautnah miterleben und es ist leichter, sich in ihn hineinzuversetzen, auch wenn seine Gedankengänge manchmal sehr chaotisch und ausschweifend sind, jedoch immer unterhaltsam und mit viel Liebe für's Detail. Durch diesen tiefen Einblick in Maiks Innerstes, konnte ich eine gute Vorstellung von dem Jungen auf der anderen Seite des Blattes bekommen und habe dabei so viel über ihn gelernt, dass er für mich  mehr wie eine reale Person als wie eine Romanfigur wirkte. Ich habe beim Lesen oft zur Tür herübergeschielt, immer mit dem Gedanken, dass Maik jeden Moment hindurch getreten kommt, so einen echten und lebendigen Eindruck, hat er auf mich gemacht.  Maik ist nicht wie die typische Heldenfigur  und ,,Tschick“ ist auch nicht der typische Jugendroman und hebt sich somit deutlich von anderen Büchern dieses Genres ab. Es ist viel tiefgründiger und gedankenreicher und oft verstecken sich überall im Buch symbolische Handlungen oder Dinge, die der Leser entschlüsseln muss. Hinter all dem Witz, Charme und dem Humor, vermittelt das Buch auch wichtige Werte wie Freundschaft, Liebe oder Akzeptanz, die zwar nicht direkt angesprochen werden, aber doch immer da sind, irgendwo zwischen all den Seiten. Und obwohl Maik doch gerade erst den Weg ins Erwachsenenleben betreten hat, so trifft er doch oft Aussagen, die mich durch ihre Tiefsinnigkeit und Richtigkeit verblüffen und zum Nachdenken bringen konnten. In diesen Momenten merkte man einfach, dass das Buch von einem brillianten Autor mit  weisen Gedanken und Erfahrung im Gepäck geschrieben wurde, der es aber schafft, diese mit der Sprache eines Vierzehnjährigen zu vermitteln und dabei immer den richtigen Ton zu treffen, ohne aus der Rolle zu fallen. Mit Jugendsprache und teilweise noch kindlichen, aber dennoch erstaunlichen Gedanken bleibt es immer Maik, der seine Geschichte erzählt und nicht Herrndorf. 
Und auch die anderen Charaktere sind ähnlich facetten- und detailreich. Mit eigenem Sprechmuster, einer eigener Ausdrucksweise und individuellen Charakterzügen wird jede Figur lebendig und einzigartig gestaltet, obwohl sie doch alle derselben Feder entstammen. Zusammenfassend kann ich sagen, dass ,,Tschick“ ein empfehlenswertes Buch ist das, neben unterhaltsamen Dialogen und skurrilen und einzigartigen Figuren auch jede Menge Tiefgang besitzt, der unter die Haut geht.