Rezension

Wunderbar skurriler Dorfkrimi

Erwin, Mord & Ente - Thomas Krüger

Erwin, Mord & Ente
von Thomas Krüger

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein abgelegenes Dörfchen in Westfalen wird Schauplatz eines unerwartet mysteriösen Geschehens um einen ungewöhnlichen Ermittler, seine treue Laufente und einen grausigen Fund in scheinbar ländlicher Idylle.

 

Erwin Düsedieker, Sohn des ehemaligen Dorfpolizisten, gilt bei seinen Bekannten und Nachbarn als geistig beschränkt und vor allem harmlos. Obwohl dieser Eindruck meilenweit von der Realität entfernt ist, hält er ihn aufrecht, um nicht aufzufallen und in Ruhe seine ausgedehnten Bäder und die Lektüre seiner Bücher genießen zu können. Sein treuster Begleiter ist dabei seine Laufente Lothar, die für ihn mehr als nur ein nicht alltägliches Haustier ist.
Doch dann wird Erwin in Ereignisse mit hineingezogen, die ihn wider besseren Wissens faszinieren. Und bevor er sich versieht, ist er in einen rätselhaften Mordfall verwickelt, der seinem Spürsinn so einiges abverlangt.

 

 

Als ich das Buch bei einer Vorableserunde von Wasliestdu? entdeckte, hat mich die Inhaltsangabe sofort fasziniert. Ich muss zugeben, ich wusste nicht genau, was mich da erwarten würde, aber ich bin absolut positiv überrascht!
Anfangs wusste ich Erwin zwar nicht so richtig einzuschätzen, weil ich seinen Charakter nicht wirklich fassen konnte. Doch mit jeder weiteren Seite entdeckte ich mehr von diesem interessanten Protagonist, der in vielerlei Hinsicht weitaus vielschichtiger ist, als es zuerst den Anschein hat. Und zwar für Leser und seine Mitmenschen gleichermaßen. Während der Lektüre erfährt man sehr viel über seine Gedanken, die wirklich weitschweifig, aber auch extrem bildhaft sind. Da ich selbst manchmal gedanklich abschweife, konnte ich mich in der Hinsicht gut mit ihm identifizieren. Außerdem ragt er auf diese Weise schön aus der Riege herkömmlicher Ermittler heraus, auch weil er bei der Aufklärung des Verbrechens gänzlich ohne die heutige Technik auskommt. Lieber verlässt er sich auf seine Bücher und den Spürsinn seiner Laufente Lothar, die ein weiteres Highlight des Romans darstellt. Das Gespann passt super in die ländlich abgelegene Umgebung, deren Atmosphäre wunderbar durch die ausführlichen Beschreibungen und kuriosen und doch für das Setting typischen Nebenfiguren erzeugt wird.

 

Der detaillierte Schreibstil liest sich flüssig und angenehm, selbst wenn man so manche Gesprächspassage im örtlichen Dialekt mehrmals lesen muss, um sie komplett zu verstehen. Aber so fängt der Autor wunderbar das Lokalkolorit ein, ohne dabei zu stark zu übertreiben. Ein leiser Humor, der ab und an sogar etwas lauter wird, schwingt natürlich immer mit. Dass die Story sich selbst nicht zu ernst nimmt, macht einen nicht unerheblichen Teil ihres Charmes aus. Man hat keine trockene, bitterernste Kriminalgeschichte vor sich, in der es sich nur um die Frage dreht, wer der Mörder ist und wie er die Tat begangen hat. Erwins Methoden und seine Weltsicht mögen recht unkonventionell sein und nicht jedem zusagen, allerdings hat gerade das mir sehr gut gefallen.
Die nötige Spannung für eine richtige Verbecherjagd ist in jedem Fall gegeben, besonders zum Ende hin wird man oft von unerwarteten Wendungen überrascht. Sollte man sich in den ersten Kapiteln langweilen, die letzten reißen den Leser umso mehr mit!

 

 

Erwin, Mord & Ente ist der gelungene Auftakt zu einer neuen, ungewöhnlichen Krimiserie um ein noch ungewöhnlicheres Ermittlerpärchen. Statt altbackene Klischees und eine stupide Suche nach dem Täter erlebt man hier ein kurioses Lesevergnügen um einen völlig unterschätzten Titelhelden und seinen liebenswerten Begleiter. Anfangs muss man sich unter Umständen etwas an den unüblichen Stil gewöhnen, aber es lohnt sich durchzuhalten. Denn besonders im weiteren Verlauf gewinnt die Handlung durchweg an Fahrt.
Wer gerne nicht alltägliche Romane liest, die über Spannung, Witz und skurrile Figuren verfügen, der sollte diesem Buch in jedem Fall eine Chance geben!