Rezension

Wunderbar versponnen

Der Zorn der Einsiedlerin - Fred Vargas

Der Zorn der Einsiedlerin
von Fred Vargas

Bewertet mit 5 Sternen

Wunderbar, wieder in Kommissar Adamsberg versponnene Welt einzutauchen

Im Süden Frankreichs sterben drei alte Männer kurz hintereinander durch Bisse von Einsiedlerspinnen. Was wie Unglücksfälle aussieht, macht Kommissar Adamsberg misstrauisch. Gegen alle Widerstände beginnt er zu ermitteln.

Im elften Band der Reihe um diesen versponnenen Helden konfrontiert ihn seine Erfinderin Fred Vargas zunächst mit zwei anderen Fällen, in denen er seine Fähigkeiten beweisen kann. Möglicherweise ein Kunstgriff, um auch Neueinsteiger ganz beiläufig mit der ansehnlichen Menge der Mitglieder der Brigade Criminale bekannt zu machen? Es ist also etwas Geduld gefragt bei diesem Fall. 
Sehr schwer fällt es freilich nicht, genug davon aufzubringen, denn, wie bei allen ihren Büchern, schreibt Vargas durchgehend mit Geist, Herz und Humor. Und wie immer, hängt sie auch diese Geschichte an etwas zunächst Unerklärlichem, Mysteriösem auf. Diese spezifische Mischung ist einfach unwiderstehlich. 
Unwiderstehlich ist auch der Kommissar. Scheinbar in dichten Nebeln umherirrend, lässt er es zu, dass sich in seinem Kopf Beobachtungen einnisten und ihn beunruhigen, die jedem anderen entgangen wären, und die solange in Form von "Gasblasen" umher schweben, bis sich daraus Erkenntnisse formen. 
Die Mitarbeiter, die ihm zur Seite gestellt sind, haben allesamt ihre Besonderheiten. Nicht immer sind sie ihrem Chef gegenüber loyal, so manche Krise muss überwunden werden.
Der Kriminalfall ist recht raffiniert, die Lösung letztendlich beinahe zwangsläufig.
Ganz nebenbei gibt es viel über Spinnen zu lernen. Erfreulicherweise wirken sämtliche Fakten zu diesem Thema gründlich recherchiert. 
Ob es wirklich die ganze Länge gebraucht hätte, um diese Geschichte zu erzählen, scheint fraglich. Die eine oder andere Nebensache und gelegentliche Wiederholungen wären vielleicht entbehrlich. Es gibt also Schwächen. Schön, dass die Autorin die seltene Gabe besitzt, eben solche Schwächen in Stärken umzuwandeln.  Wer sich in die  intuitive, psychologisch ausgefeilte und verschrobene Herangehensweise des Ermittlers  verliebt, verzeiht diesem Buch alles.
Man kann diesen Band durchaus ohne Kenntnisse der Vorgänger lesen. Doch die Entwicklung der Personen zu begleiten, ist ein Vergnügen für sich und ermöglicht ein umfassenderes Abtauchen in Adamsbergs Welt.