Rezension

Wunderbare Fortsetzung!

Ruht das Licht - Maggie Stiefvater

Ruht das Licht
von Maggie Stiefvater

Bewertet mit 5 Sternen

„Dies ist die Geschichte eines Jungen, der ein Wolf war, und eines Mädchens, das zu einem wurde.“

Mit diesem Satz beginnt Maggie Stiefvaters Fortsetzung zu „Nach dem Sommer.“ Es ist ein Satz, der einem alles und doch nichts verrät. Man weiß, wie das Buch ausgeht, aber wie es dazu kommt muss man erst noch herausfinden.

Auch in Ruht das Licht beeindruckt die Autorin wieder mit einem außergewöhnlich schönen Schreibstil. Ihre Art, Dialoge zu schreiben ist einzigartig. Sie wirken so real. Natürlich ist jede Art von Dialogen irgendwie real, aber Maggie Stiefvater schafft es, dem Leser ein besonderes Gefühl zu geben. Beschreiben kann man das nicht. Man muss es fühlen. 

Neben Sam und Grace stehen diesmal noch zwei andere Charaktere im Vordergrund. Isabel, die man ja schon aus dem ersten Band kennt, und Cole, der im ersten Band ebenfalls kurz auftaucht. Er ist einer von den neuen Wölfen, die Beck nach Mercy Falls gebracht hat. Er will ein Wolf sein, denn sein menschliches Leben widert ihn an. Er war Frontman einer berühmten Band und ist ein echter Egomane. Doch trotz dessen, dass er ein echter Widerling sein kann, hat man auch Mitleid mit ihm und hofft, dass er sich eines Tages wohl in seiner Haut fühlen  kann.

Dasselbe empfindet man auch für Isabel. Sie hat sich, nach all dem was ihr widerfahren ist, einen Schutzpanzer angelegt und behält ihre Gefühle für sich. Durch die Passagen, die aus ihrer Sicht geschrieben sind, erfährt man allerdings, dass der Schein trügt. Ebenso bei Cole. Die beiden haben eine Menge gemeinsam und im Laufe der Geschichte entwickeln sie sich beide. Nicht zuletzt dadurch, dass sie sich gegenseitig beeinflussen. Beide haben auch einen großen Einfluss auf Sam. Sie halten ihm seine Ängste und die Wahrheit vor, vor denen er sich manchmal verschließt.

Der Wechsel durch 4 Perspektiven macht das Buch sehr interessant. Man hat 4 unterschiedliche Geschichten, die sich an manchen Stellen überkreuzen, an manchen auseinandergehen. Ich bin davon wirklich fasziniert. Zudem erlebt man Grace und Sam mal aus der Perspektive eines dritten. 

„Sam war wieder da und zerrte den Industriestaubsauger hinter sich her. Er war nur einen Moment weggewesen, aber es wurde sofort heller im Raum, als sie wieder zusammen waren, wie zwei chemische Elemente, die in Verbindung miteinander zu leuchten anfangen. Angesichts Sams tollpatschiger Versuche, den Staubsauger zu tragen, erschien auf Grace‘ Gesicht ein ganz anderes Lächeln, bei dem ich zu erkennen glaubte, dass es nur für ihn reserviert war. Er warf ihr einen gespielt vernichtenden Blick zu, voll von der Sorte Kontext, die nur aus unzähligen geflüsterten Gesprächen im Dunkeln entstand.“

Cole mag vielleicht nicht sonderlich nett sein, aber er  ist sehr intelligent und erkennt die Dinge sehr schnell.

Dass Ruht das Licht nicht sonderlich viel Handlung hat, fällt beim Lesen gar nicht auf. Erst im Nachhinein wird man sich dessen bewusst. Dafür sind die Dinge die geschehen, umso bedeutender. Grace widersetzt sich ihren Eltern, Sam setzt sich mit seiner Vergangenheit und seiner Zukunft auseinander, Cole versucht, sich in sein neues Leben einzufinden und Isabel stellt sich ihren Schuldgefühlen und nicht zuletzt, verwandelt Grace sich in einen Wolf…

„Wir standen alle da, warteten ab, wie  lange die Wölfe blieben und ob sie näher kommen würden. Ich kauerte neben Victor und mir kam der Gedanke, dass ihre glitzernden Augen für jeden von uns etwas anderes bedeuteten. Sams Vergangenheit. Meine Gegenwart. Grace‘ Zukunft.“
Ich weiß nicht, wie Maggie Stiefvater es macht, aber sie schafft es, den Leser an das Buch zu fesseln, ohne, dass sie viel Spannung aufbaut. Durch ihren ersten Satz nimmt sie ja schon alles vorweg. Man kann sich trotzdem nur schlecht von der Geschichte lösen. Deswegen habe ich das Buch auch fast in einem Rutsch durchgelesen. 

Jetzt sitze ich da und kann nicht glauben, dass es schon wieder vorbei ist. Am Ende habe ich ein paar Tränen vergossen, weil ich nicht glauben wollte, dass Grace weg ist. Und das obwohl ich ja schon wusste, dass es passiert. Wieder einmal heißt es warten…

Fazit
Ruht das Licht ist genau so mitreißend wie Nach dem Sommer, denn  Maggie Stiefvater präsentiert einmal mehr ihre wunderschöne Art zu Schreiben. Man ist von der ersten bis zu letzten Seite an das Buch gefesselt und kann nach der letzten Seite kaum glaube, dass es schon wieder vorbei ist. Jetzt heißt es „warten“ bis September 2012, denn dann erscheint endlich der dritte Band, der Sam und Grace hoffentlich wieder vereinen wird…