Rezension

Wunderbarer Reiseschmöker

Eine Reise durch Deutschland in 100 ungewöhnlichen Bildern und Geschichten - Wolfgang Rössig

Eine Reise durch Deutschland in 100 ungewöhnlichen Bildern und Geschichten
von Wolfgang Rössig

Bewertet mit 5 Sternen

Dieser Bildband, herausgegeben von MERIAN, wurde wirklich auf den Punkt veröffentlicht. In Zeiten der Pandemie, wo Reisen kein Thema ist und wenn doch, dann am besten innerhalb Deutschlands!

Man kann diesen Band von vorne bis hinten genießen oder, so wie ich es gemacht habe, immer mal wieder für ein paar Kapitel reinschmökern. Man könnte auch einfach nur Bilder anschauen, ohne zu lesen – obwohl die schönen Fotos unweigerlich neugierig auf den Aufnahmeort machen und ich dann doch den Text gelesen habe. Vorgestellt werden Städte, Landschaften und Industriedenkmäler; für jeden Geschmack ist etwas dabei.

Damit man dabei die Orientierung nicht verliert, ist der Band nach den vier Himmelsrichtungen strukturiert; er beginnt mit dem Norden und führt im Uhrzeigersinn nach Osten, Süden, Westen. Jedes Reiseziel der insgesamt 100 beschriebenen Ziele wird mit zwei bis fünf Seiten vorgestellt. Bei den Metropolen konzentriert man sich auf ein oder zwei Themen – das ist in jedem Fall knapp, aber man sollte den Band als Appetizer verstehen, nicht als Hauptmahlzeit. Obwohl ich schon sagen muss, dass zu Köln zwingend der Karneval gehört hätte – und nicht nur der Dom. Aber das ist natürlich lokalpatriotische Nörgelei!

Denn dieser Band hat mir wirklich gut gefallen. Vor allem, weil mir beim Schmökern nicht nur (wieder einmal!) bewusst wurde, wie schön Deutschland ist, sondern auch, was für eine reiche Historie es hat und wie geschichtsträchtig noch das kleinste Dorf ist. Man erfährt außerdem, welche illustren (historischen) Reisenden schon da gewesen sind. Die Bebilderung ist absolut großartig; meist ganzseitige Fotos von überragender Qualität, zum Wechsel der Himmelsrichtung doppelseitig, gefolgt von Landkarten, in denen man die Ziele verorten kann.

Der Text von Wolfgang Rössing ist schön zu lesen; anekdotisch, oft poetisch, macht er Lust darauf, mehr zu erfahren. Neue Wörter habe ich bei der Lektüre auch gelernt: Wissen Sie, was ein „Pschorrtücherl“ ist? Ein „Hühnergott“? Oder ein „Dampflümmel“? Jedem Ziel ist zudem ein Zitat beigestellt, mal ernst, mal romantisch, mal humorig. Mein liebstes bislang geht so:

„Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden
Und tauscht mit ihnen seine Seele um.
Die Wälder schweigen.
Doch sie sind nicht stumm.“
(Erich Kästner)

Bei mir liegt das Buch auf dem Couchtisch, so dass ich immer mal wieder reinlesen kann.