Rezension

Wunderbarer Roman über Freundschaft mit einigen Längen zwischendurch

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat - Gavin Extence

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat
von Gavin Extence

Bewertet mit 4 Sternen

Was würdest du für den einzigen wahren Freund tun, den du hast? Würdest du dein Leben opfern, um ihm zu helfen? Oder deinen guten Ruf riskieren? Oder würdest du alles tun, um ihm zu ermöglichen, über sich selbst bestimmen zu können?

 

Meteore, Epilepsie, die komplizierten Gesetze der Astrophysik und der Neurologie… nichts davon kann Alex Woods wirklich aus der Ruhe bringen oder abschrecken. Er musste in seinem jungen Leben bereits vieles einstecken, hat sich aber schnell damit arrangiert, so gut es ihm möglich ist. Allein seine brutalen und fiesen Mitschüler und seine völlig irrationale Mutter machen ihm wirklich zu schaffen und bringen ihn in so manche missliche Lage.
Dann trifft er durch einen unglücklichen Zufall auf Mr. Peterson, einen älteren Herrn, mit dem er mehr gemeinsam hat, als beide sich zuerst vorstellen können. Sie werden Freunde, trotz des großen Altersunterschieds, und Alex lernt wesentlich mehr über das Universum, sich selbst und den ganzen Rest, als er jemals vermutet hätte.

 

 

Das unerhörte Leben des Alex Woods wollte ich schon lesen, als ich lediglich den Klappentext kannte. Grund dafür war, dass in den wenigen Zeilen ein wunderbar kurioses Buch versprochen wurde, das einen mit seinen ungewöhnlichen Figuren begeistern kann. Und zum größten Teil traf die Einschätzung auch zu, aber eben nicht ganz.
Zum einen lag das an dem Haupthelden selbst. Versteht mich nicht falsch: Ich mochte Alex wirklich gern und er ist ein sehr nachvollziehbarer Charakter mit all seinen Macken und seiner Stärke, die er im Umgang mit seiner Krankheit und seinem besten Freund beweist. Ich bewundere seine Integrität, die er bereits als Teenager zeigt, und finde seine Unzulänglichkeiten im Bezug auf den Umgang mit seinen Mitmenschen herrlich erfrischend. Doch als jemand, der mit Physik nicht wirklich etwas anfangen kann, waren seine gedanklichen Ausflüge in diese Naturwissenschaft manchmal schon extrem ermüdend.
Da war ich richtig froh, dass Mr. Peterson mit seiner direkten Art wunderbar als Ausgleich fungiert. Von ihm hätte ich wahnsinnig gerne mehr erfahren, vielleicht sogar das eine oder andere Kapitel aus seiner Sicht, obwohl er auch so wunderbar plastisch dargestellt wird.

 

Der Schreibstil des Autors macht es einem einfach, sich in die Geschichte einzufinden. Flüssig, aber nicht zu schlicht führt er den Leser durch Alex’ Erlebnisse, sodass man sich toll in ihn und seine Situation hineinversetzen kann. Besonders haben mir daran die kleinen ironischen Seitenhiebe gefallen, verpackt in die teilweise sehr naive Betrachtungsweise des Teenagers, aus der die Story erzählt wird. Dieser unterschwellige sarkastische Humor hat mir so manche ausufernde Szene versüßt, denn davon gibt es so einige.
Wie in dem Abschnitt über die Protagonisten bereits angedeutet hat Gavin Extence eine Vorliebe für detaillierte Exkursionen. Zugute halten muss man ihm, dass er komplexe Inhalte verständlich erklären kann und man leicht in der Lage ist, seinen Ausführungen zu folgen. Leider schweift er allzu oft so weit ab, dass er der Handlung einiges von ihrem Schwung nimmt und die Spannung unnötig ausbremst. Einerseits passen diese vor allem wissenschaftlichen Erläuterungen gut zu Alex selbst. Andererseits langweilen sie mitunter so stark, dass man in Versuchung kommt, die einzelnen Stellen lediglich zu überfliegen. Das wird dem doch sehr brisanten Hauptthema wirklich nicht gerecht.

 

 

Das unerhörte Leben des Alex Woods ist ein toller Roman über eine ungewöhnliche Freundschaft. Zwei Hauptcharaktere, die sich wunderbar ergänzen und mehr als nur ein bisschen voneinander lernen, bilden den Kern der Ereignisse und überzeugen dabei auf ganzer Linie. Eine an sich sehr interessante, tiefgründige Handlung mit einem brisanten Thema, manchmal versteckter, oft direkter englischer Humor und einer der besten Prologe, die ich seit langem gelesen habe, haben mich sofort für das Buch eingenommen.
Allerdings sorgen die ausufernden Längen zwischendurch nicht selten für Frustration, selbst wenn in ihnen ein paar informative Details versteckt sind.
Für Liebhaber skurriler Geschichten mit philosophischem Tiefgang, die sich auch für die Grundzüge der Astrophysik erwärmen können, ist diese hier bestens geeignet.