Rezension

Wunderbarer Roman voll von Traurigkeit

Ich bleibe hier
von Marco Balzano

Bewertet mit 5 Sternen

Toller Roman, der einer Region, die sowohl unter Faschisten als auch Nationalsozialisten gelitten hat, verdiente Aufmerksamkeit schenkt.

Ich dachte immer: Das schlimmste, was einer Mutter passieren kann, ist, dass sie die eigenen Kinder überlebt. Nach der Lektüre von Marco Balzanos Roman bin ich mir nicht mehr so sicher. 

Die Ich-Erzählerin Trina Hauser muss viel aushalten in ihrem Leben. Als wäre das dörfliche Leben in Südtirol nicht schon anstrengend genug, muss sich ihre Familie mit dem beginnenden Zweiten Weltkrieg entscheiden, entweder nach Deutschland auszuwandern und die Heimat zu verlassen oder unter den Faschisten als Bürger zweiter Klasse in Italien zu bleiben. Dem Romantitel entsprechend bleiben sie. Die deutsche Sprache wird verboten, Trina darf nicht mehr als Lehrerin arbeiten. Ihr Ehemann sowie ihr Sohn werden eingezogen. Doch die wahre Katastrophe für Trina spielt sich jenseits des Krieges ab. 

Für mich war erstaunlich, wie viele Schicksalsschläge ein einzelner Mensch aushalten kann und zu was ganz normale einfache Leute fähig sind. Doch ich mochte Trina nicht nur aufgrund ihrer Belastbarkeit. In jeder neuen Situation fand sie einen Weg, weiterhin zurechtzukommen, etwas Positives darin zu sehen. Leider wehrte ihr kleines Glück nie lange, weshalb ich sie auch etwas mitleidig betrachtet habe.

Neben der aufopferungsbereiten Protagonistin hat mir auch die Aufbereitung der Geschichte richtig gut gefallen. Die Aufteilung des Romans in drei Teile ist gelungen. Der Schreibstil passt sehr genau zu der Art wie Großeltern über Erlebnisse im Weltkrieg berichtet haben, nicht zu malerisch, sondern deutlich, klar verständlich und überhaupt nicht reißerisch. Es ist eine nüchterne Sprache, die vorhandene Gefühle unter Kontrolle hält. Der unermessliche Schmerz ist zwischen den Zeilen trotzdem zu spüren.

Für mich war der Roman durchweg von einer Traurigkeit geprägt, die mich bedrückt hat. Die Lektüre war irgendwie beklemmend und das meine ich im positiven Sinne. Die Stimmung der Protagonisten, insbesondere von Trina, wurde so gut transportiert, dass man beim Lesen schon sehr stark mitfühlen konnte. Alles in Allem ein wunderbarer Roman, den ich sehr gern weiterempfehle.