Rezension

Wunderbares Kopfkino

Wo der Tag beginnt - Sarah Lark

Wo der Tag beginnt
von Sarah Lark

Bewertet mit 5 Sternen

1835. Die Zukunft mit ihrem Liebsten David Mühlen hatte sich die Krankenschwester Ruth Helwig eigentlich anders vorgestellt, doch folgt sie ihm auf die Chatham Inseln nach Neuseeland, wo David es als seine christliche Pflicht ansieht, mit Gleichgesinnten den Glauben unter den Moriori und den Maori zu verbreiten. Ruth gewinnt mit Hilfe von zwei weiteren Krankenschwestern langsam den Respekt und das Vertrauen der Maori. Doch sie haben nicht damit gerechnet, dass es unter den beiden einheimischen Stämmen zu einer Invasion kommt, die nicht nur grausam und gewalttätig ist, sondern im Zuge dessen der Überlebenden des Stammes der Moriori auch noch versklavt werden. Die Moriori-Häuptlingstochter Kimi wird als wertvolle Gefangene von den Maori verschleppt. Die Unruhen nehmen allerdings kein Ende und schon bald kommt es zu einem schrecklichen Ausbruch…

Sarah Lark hat mit „Wo der Tag beginnt“ einen wunderbaren und farbenprächtigen historischen Roman vorgelegt, der den Leser nach Neuseeland entführt, um dort an der Seite der deutschen Ruth und der Moriori Kimi den Kampf zwischen einheimischen Urvölkern zu mitzuerleben und das Schicksal der beiden so unterschiedlichen Frauen zu beobachten. Überhaupt sind sowohl Ruth als auch Kimi sehr starke Protagonistinnen, die sich ihren Platz sehr hart erkämpfen müssen. Dier Schreibstil ist flüssig, bildgewaltig und gefühlvoll, die Autorin versteht es hervorragend, dem Leser die fremde Kultur mit ihren Ritualen und Lebensgewohnheiten der beiden neuseeländischen Urstämme nahe zu bringen und dabei durch tolle Landschaftsbeschreibungen das Kopfkino einzuschalten. Während sich die Moriori an das Gesetz der Gastfreundschaft und des Friedens hielten sowie die Natur zu schätzen wussten, lebten die Maori nach der Maxime der Eroberung und des Kampfes, um ihre Bereiche zu vergrößern. Ebenso geschickt verknüpft die Autorin Informationen über das Missionarswesen in Neuseeland mit ihrer Handlung. So darf der Leser nicht nur eine unterhaltsame und farbenfrohe Geschichte lesen, sondern auch noch einiges an geschichtlichem Hintergrundwissen mitnehmen.

Die Charaktere sind sehr individuell ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Durch ihre Individualität und ihren Facettenreichtum bestechen sie mit Glaubwürdigkeit und Authentizität. Dem Leser wird ein breites Spektrum geboten, um seine Sympathien zu verteilen. Ruth ist eine mutige und starke Frau, die für ihre Liebe kämpft und alles dafür tut, den Mann ihres Herzens zu gewinnen. Sie wirkt furchtlos und unerschrocken, ist hilfsbereit und einfühlsam. Kimi ist eine junge Frau, die aufgrund ihrer Stellung ein Hoffnungsträger für ihr Volk ist, was sehr viel Verantwortung bedeutet. In ihrer Gefangenschaft beweist sie Mut und Stärke für ihr relativ junges Alter. David Mühlen ist ein sehr gläubiger Mann, der jedoch keinerlei Bodenhaftung besitzt. Er wirkt abgehoben und nicht von dieser Welt. Er ist unfähig, wahre Gefühle zu zeigen oder jemanden nahe an sich heranzulassen. Brandon ist ein tatkräftiger Mann, der Sicherheit und Geborgenheit bietet. Mit seiner offenen und ehrlichen Art gewinnt er schnell das Leserherz. Auch die weiteren Protagonisten überzeugen mit ihren Auftritten und machen die ganze Geschichte zu einem wunderbaren Leseerlebnis.

Mit „Wo der Tag beginnt“ beweist Sarah Lark einmal mehr ihr Können, große Geschichten zu erzählen, die den Leser mit auf Reisen nehmen und bei denen man während der Handlung noch so einiges lernen kann. Wunderbar kurzweilig geschrieben und mit Kopfkino-Garantie. Absolut verdiente Leseempfehlung!