Rezension

Wunderschön, aber sehr traurig.

Wie viel Leben passt in eine Tüte? - Donna Freitas

Wie viel Leben passt in eine Tüte?
von Donna Freitas

Bewertet mit 5 Sternen

Rose Madison ist 16, als ihre Mutter den Kampf gegen den Krebs verliert. Am Tag nach ihrer Beerdigung zieht sich Rose in den Kleiderschrank ihrer Mutter zurück. Rose findet eine Papiertüte mit der Aufschrift "Roses Survival Kit", das ihre Mutter dort für sie an ihrem Lieblingskleid hinterlassen hat. Es ist ein letztes Geschenk von ihr und soll Rose bei der Bewältigung der Trauer und die Zeit danach helfen. Doch Rose weiß zunächst nicht, was sie mit den Gegenständen, die das Kit enthält, anfangen soll. Einen iPod mit Liedern, ein Foto mit Pfingstrosen, ein Kristallherz, Buntstifte, einen Papierstern und einen Papierdrachen.
Nur mit einigem Abstand und sehr zögerlich, lässt Rose sich darauf ein. Sie versucht die Bedeutung der Gegenstände, die ihre Mutter ihr hinterlassen hat, zu entschlüsseln, die sie auf wundersame Weise immer wieder zu den ruhigen und schüchternen Will führen, der vor einiger Zeit auch seinen Vater verloren hat.

"Jeden Morgen schien der Stein, der auf meinem Herzen lastete, ein klein wenig leichter zu werden. Ich lächelte und lachte wieder häufiger und die Welt und ihre Bewohner erschienen mir weniger düster. Eine unsichtbare Macht in meinem Inneren machte Überstunden, um die tiefe Wunde und all die kleinen Kratzer des vergangenen Jahres zu heilen. Mein Herz öffnete sich wieder der Außenwelt, dehnte sich aus und drückte dabei gegen die frisch vernähte Wunde, bis ich glaubte, es würde zerspringen." (Seite 236)

Vor einiger Zeit bekam ich ja dieses Buch von meiner Buchhändlerin mit den Worten, ich sollte es unbedingt lesen und das sie denkt, dass es mir gefallen würde. Sie war jedenfalls sehr begeistert davon und wäre gespannt auf meine Meinung. Nun, ich war auch sehr gespannt und jetzt, nachdem ich es gelesen habe, kann ich ihre Begeisterung verstehen, denn bei "Wie viel Leben passt in eine Tüte" handelt es sich um ein wunderschönes Buch. Ich hatte so einige Male einen Kloß im Hals und musste ein Tränchen wegblinzeln.
Das Buch packt ein sehr ernstes und vor allem aber auch sehr trauriges Thema an. Roses Mutter ist gestorben und für sie bricht eine Welt zusammen. Sehr einfühlsam beschreibt die Autorin Roses Weg zurück in den Alltag, der für sie verständlicherweise sehr schwierig ist. Seit dem Tod ihrer Mutter kann sie beispielsweise keine Musik mehr hören, obwohl Musik früher eine sehr bedeutende Rolle in ihrem Leben gespielt hat. Sie muss mehr oder weniger alleine mit dem Verlust klar kommen, da ihr Vater Trost im Alkohol sucht und ihr Bruder in einer anderen Stadt lebt. Aber Rose hat in Kupa eine echt tolle Freundin gefunden. Kupa, die nicht aufgibt und Rose immer wieder zur Seite steht.

Die Idee mit dem Survivalkit, welches Roses Mutter für sie hinterlassen hat, finde ich sehr schön. In der Geschichte sind immer wieder kleine Episoden eingestreut, so dass man auch das frühere gemeinsame und harmonische Leben der Familie Madison und auch Roses Mutter kennen lernt.
Sehr gut gefallen hat mir die Annäherung zwischen Rose und Will, zu dem sie die Gegenstände des Survivalkits immer wieder führen und die daraus entstehende Beziehung zwischen den Beiden. Will, der ein ähnlichen Verlust wie Rose erfahren hat und der zu Beginn sehr verschlossen und schüchtern ist. Auch er hat seinen Vater durch eine Krebserkrankung verloren.

Die beiden Charaktere, Rose und auch Will, haben mir echt gut gefallen. Sie kommen sehr natürlich rüber und man kann sich sehr gut in die Gefühlswelt der Beiden, insbesondere der von Rose, hinein versetzen. Dabei ist es der Autorin sehr gut gelungen, das ganze nicht kitschig oder gar übertrieben wirken zu lassen.
Das Cover finde ich trotz seiner Schlichtheit toll. Die Buchstaben des Titels wurden aus dem Schutzumschlag ausgestanzt. so dass die Schrift in der Farbe des darunterliegenden Covers, das Orange ist, zu sehen ist.

"Wie viel Leben passt in eine Tüte" ist ein wirklich tolles, gefühlvolles und emotional geschriebenes Buch, über den Verlust und die Verarbeitung der Trauer um einen geliebten Menschen, sowie über die Zeit danach und den Neuanfang. Ein sehr nachdenklich machendes Buch, dass nicht nur für Jugendliche zu empfehlen ist. Es ist eines meiner bisherigen Highlights in diesem Jahr.