Rezension

Wunderschön erzählt, inhaltlich allerdings etwas enttäuschend.

Die Eismacher
von Ernest van der Kwast

Die Talaminis - eine norditalienische Familie aus dem Cadore Tal, die eine lange Tradition der Eismacher fortsetzt. Der Erzähler - Giovanni Talamini - hat allerdings andere Vorstellungen von seinem Leben und erntet dafür nicht gerade größte Begeisterung. Er ist Literaturwissenschaftler und reist durch die Welt. Dabei werden im Buch viele Geschichten der Eismacher zum Besten gegeben, sowie alle möglichen Erfahrungen, die Giovanni im Rahmen seines Berufes so machte. Doch seine Liebe zur Poesie führt auch zu familien internen Konflikten...

"Die Eismacher" - zuerst ein sehr vielversprechender Titel, auf einem wunderschönen Buchcover.

Von Anfang an war ich begeistert von van der Kwasts Schreibstil - sehr bildhaft, reich an Vergleichen und ziemlich anregend. Die ein oder andere humoristische Einlage lockerte das Ganze etwas auf. Daher hatte ich zu Beginn viel Lust, zu lesen. Auch die Charaktere haben mir sehr gefallen - vor allem Giovannis Eltern mit ihren liebenswerten und teils auch sehr schrägen Eigenarten. Das Buch startete im Prinzip mit besten Voraussetzungen, doch im Laufe des Romans zeichneten sich deutliche Schwächen im Handlungsstrang ab. Eigentlich finde ich es ganz interessant, wenn es Zeitsprünge in alle möglichen Richtungen gibt, aber in diesem Buch sind sie nicht immer gelungen. Innerhalb der ersten hundert Seiten hatte ich persönlich Schwierigkeiten, die Charaktere, Raum und Zeit in die richtigen Zusammenhänge zu bringen und nach einem Blick in die Leserunde schwante mir, dass ich da wohl nicht die einzige gewesen bin. Doch das war noch das geringste Problem. Viel gravierender war, dass das Buch lange Zeit gar keine richtige Handlung mit Spannungsbogen zu haben schien - es glich er mehreren, verschiedenen Geschichten, die mehr oder weniger zusammen zu hängen schienen. Von daher hatte ich auch einige Schwierigkeiten, eine anständige Inhaltsangabe zu Beginn der Rezension zu verfassen. Auch die Ausflüge in die Lyrik fielen teilweise echt zu üppig aus, sodass man zeitweise dazu verleitet war, diese Seiten lediglich zu überfliegen. Seitenweise Beschreibungen diverser Hotelzimmer braucht kein Mensch.

Nach etwa 240 Seiten endlich ein größerer Konflikt. Das Buch ließ sich wieder etwas besser lesen, doch wie man es von einem so spät auftauchendem Konflikt erwarten könnte, wurde er nicht ausreichend aufgeklärt. Eigentlich gehöre ich zu den Menschen, die offene Enden ganz gern haben, aber nicht zu offene. Das mag vielleicht etwas wirr klingen, aber manche Dinge habe ich dadurch im Endeffekt einfach nicht so ganz verstanden. Manchmal wirkte es so, als tendiere der Autor dazu, Thematiken einfach abzuwürgen. Das führte zu fehlenden Gefühlen der Befriedigung, auch wenn das allerletzte Kapitel den ganzen Roman eigentlich ganz schön abgeschlossen hat.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass "Die Eismacher" ein ganz netter Roman mit Höhen und Tiefen ist - dem sehr schönen Schreibstil des Autors mit all seinen tollen Charakteren und der wirklich interessanten Idee steht allerdings eine durchaus ausbaufähige Handlung mit schier endlosen Kapiteln und ein fehlendes, vernünftiges Ende gegenüber, die das Leseerlebnis etwas trüben.

Kommentare

Chinchilla kommentierte am 21. Juni 2016 um 08:28

Zeile 25, erstes Wort: *eher

Entschuldigung