Rezension

Wunderschöne Idee, aber an Langatmigkeit kaum zu überbieten

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat - Gavin Extence

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat
von Gavin Extence

Bewertet mit 3 Sternen

Ich habe keine Ahnung, wie viel Zeit verging, aber als ich aus meinem Traum wieder zu mir kam, hatte sich die Atmosphäre verändert. Etwas hatte mich aufgeweckt. Ein Luftstrom durchschnitt das Kreosot; die Tür des Schuppens war aufgestoßen worden, und im Türrahmen stand eine Gestalt - eine Silhouette, eingerahmt vom Licht der tief stehenden Sonne.
Es war ein Mann. Ein Mann ragte im Türrahmen auf, und er hatte einen Stock auf mich gerichtet, einen langen Stock, der zylindrisch geformt war. Der Stock schimmerte matt im Dämmerlicht. Das Herz klopfte mir bis zum Hals.
Der Mann zielte mit einem Gewehr auf mich.

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INHALT:
Alex Woods Leben, das kann man wohl so sagen, verläuft nicht unbedingt in geregelten Bahnen. Sein einem Unfall in seiner Kindheit leidet er an Epilepsie, die ihn zum Ausgestoßenen unter seinen Schulkameraden macht. Sein einziger Freund ist daher der alte Mr Peterson, der zwar griesgrämig ist, der ihm jedoch auch die Literatur und das Leben nahe bringt. Und er ist in gewisser Weise ebenso daran mitschuld, dass Alex mit 17 Jahren schließlich am Zoll in Dover angehalten wird, mit Marihuana und einer Urne voll Asche im Wagen. Aber der Junge weiß: Er hat die richtige Entscheidung getroffen.

MEINE MEINUNG:
Wenn man eines über "Das unerhörte Leben des Alex Woods" sagen kann, dann, dass das Leben des Alex Woods in der Tat ziemlich unerhört ist. Das fängt schon damit an, dass seine Mutter Hellseherin ist. Oder damit, dass ein Meteorit durch sein Hausdach gestürzt ist. Oder auch damit, dass er bereits mit 14 Jahren anfängt, Bücher von Kurt Vonnegut zu lesen. Gavin Extences Geschichte um diesen seltsamen, aber liebenswerten Jungen, beginnt außergewöhnlich und endet außergewöhnlich - wird zwischendrin auf den 480 Seiten jedoch auch sehr, sehr langatmig.

Alex Woods ist ein Charakter, den man in der Umgangssprache wahrscheinlich "Streber" nennt. Er weiß selbst, dass er allen auf der High-School gängigen Klischees des "Schwul-Seins" entspricht [er liest, er lernt, etc], aber auch wenn er das Mobbing seiner Mitschüler selbstverständlich nicht gut heißt, steht er doch immer für sich ein und lässt sich nicht unterkriegen. Dabei hilft ihm sicherlich auch sein großväterlicher Freund Mr Peterson. Dieser ist zwar immer schlecht gelaunt und äußerst zynisch, aber auch urkomisch und ein wahrer Helfer. Skurrile Charaktere wie Alex' spirituelle Mutter oder deren vorlaute und wütende Angestellte Ellie machen die Riege an Figuren komplett. Manchmal wünscht man sich jedoch auch, es wäre doch wenigstens einer von ihnen nur halbwegs normal.

Denn so faszinierend diese ganzen Abstrusitäten auch sind: Irgendwann wird das alles ein bisschen viel. Alex Woods erlebt in den 7 Jahren, von denen er berichtet, mehr, als andere Menschen in ihrem gesamten Leben. Und das Problem ist, dass der Leser außerdem noch auf dem Laufenden gehalten wird über die Ereignisse, die nun wirklich nicht bahnbrechend sind. Es wird über einen Buch-Club berichtet, den der Junge gründet, oder über ewige Streitereien mit Schulkameraden oder seine Arbeit bei seiner Mutter - und oft hat man das Gefühl, dass der Autor nicht auf den Punkt kommt. Interessante Ereignisse lassen einen des Öfteren aus der Lethargie aufwachen und die Geschehnisse für kurze Zeit mit Spannung und einem Grinsen auf dem Lächeln verfolgen - dann jedoch versandet die Geschichte wieder irgendwo in den Tiefen der Nichtigkeiten.

So kommt es dann seltsamerweise, dass zwar alles intensiv und ausführlich behandelt wird, das Thema "Sterbehilfe", das doch eigentlich das wichtigste sein sollte, aber irgendwie nur am Rande und eher auf den ausgelösten Medien-Rummel bezogen. Nachdem man so unglaublich viele Details aus Alex' Leben erfahren hat, hätten auch diese noch etwas ausschweifender geschildert werden können. So ist das Ende zwar berührend und bildet durchaus einen guten Abschluss - es hätte aber mit einer größeren Wertlegung auf dieses Thema auch noch deutlich tiefgehender sein können.

FAZIT:
"Das unerhörte Leben des Alex Woods" ist ein Buch, das viele, viele, viele Themen behandelt - und sich so des Öfteren in den endlosen Details verliert. Denn es werden ganze 7 Jahre von Alex Woods' Leben geschildert, und dies in aller Ausführlichkeit, sodass manchmal Themen wie Sterbehilfe gegenüber anderen zu kurz kommen. Die Idee ist genial, die Umsetzung jedoch leider langatmig und unzureichend. 3 Punkte von mir.