Rezension

Wunderschöne Szenen

Was man von hier aus sehen kann - Mariana Leky

Was man von hier aus sehen kann
von Mariana Leky

Bewertet mit 5 Sternen

Selten habe ich etwas so Schönes gelesen wie dieses zunächst recht unauffällig daherkommende Buch. Selten habe ich eine so schöne Stelle in einem Buch gelesen wie die tröstenden Worte der kleinen Luise und dem Optiker, der ihr nach dem Unfalltod ihres Freundes Martin sagt, er und Luises Großmutter Selma seien einzig für Luise erfunden.

Luises Geschichte, angesiedelt in einem Dorf im Westerwald in dem jeder jeden kennt, und das seit jeher, in dem der Einzelhändler eben der Einzelhändler und der Optiker der Optiker ist – wundervoll: trotz dass der Optiker eine zentrale Rolle in Luises Leben spielt, erfahren wir seinen Namen erst ganz zu Ende der Erzählung – erzählt von Freundschaft und Familie, Verlust und Einsamkeit, unausgesprochenen Wahrheiten und der Ordnung, die sich fast wie von selbst herstellt, wenn Eltern beispielsweise aus Selbstfindungsgründen in ihrer Rolle als Erziehende ausfallen. Dennoch ist Luises Welt keine heile Welt. Martin bezieht regelmäßig Prügel von seinem alkoholkranken Vater, ihre Mutter hat eine Affäre mit dem Eisdielenbesitzer, die Kinder machen die ein oder andere prägende skurrile Erfahrung mit der miesepetrigen Marlies und der esoterischen Elsbeth. Fels in der Brandung ist Oma Selma, früh verwitwet aber mit beiden Beinen fest im Leben stehend, mit all ihren Stärken und Fehlern. Und einer ihrer großen Fehler ist, dass wenn sie von einem Okapi träumt, dem exotischsten Tier das man sich im Westerwald nur vorstellen kann, jemand aus dem Dorf sterben wird. Dies sorgt für einigen Aufruhr, bis es schließlich den kleinen Martin trifft. Luise kann sich danach nur noch schwer auf Menschen einlassen, doch als sie den buddhistischen Mönch Frederik trifft, muss sie ihm entbehrliche zehn Jahre lang beibringen, sich auf sie einzulassen.
Eine Erzählung voller eindringlicher, wundervoller und manchmal auch wundersamer Gegebenheiten, die die Welt gleich viel logischer aber auch im Gleichgewicht von Freude und Leid erscheinen lassen. Kein Wunder, dass das unheilbringende Okapi auf einem westerwälder Apfelbaum auf dem Cover nicht fehlen darf.