Rezension

Wunderschöner Erzählstil, der in den Bann zieht

Animant Crumbs Staubchronik - Lin Rina

Animant Crumbs Staubchronik
von Lin Rina

Im November 2017 erschien der historische Roman "Animant Crumbs Staubchronik" von der Autorin Lin Rina. In den 552 Seiten wird die Geschichte von Animant Crumb erzählt, dessen Verhalten sich wohl nicht für eine Dame im Jahre 1890 ziemte. Anstatt sich zurückhaltend und schüchtern in die Gesellschaft junger, heiratsfähiger Männer zu begeben, verkriecht sich die 19-Jährige lieber mit einem Buch in ihren alten und abgewetzten, aber gemütlichen Sessel. Das dickköpfige, aber äußerst intelligente Mädchen ist von der männlichen Welt gelangweilt und genervt und sträubt sich vehement gegen die Versuche ihrer Mutter, Animant doch endlich zu verehelichen. Durch ein Angebot ihres Onkels versucht sie aus den gesellschaftlichen Zwängen zu entfliehen und tritt den für diese Zeit äußerst bezweifelten Umstand an, als Frau einer Arbeit nachzugehen. Sie würde in London die Assistentin des verschrobenen und gemiedenen Bibliothekars Mr Reed werden. Mit Stolz, Zuversicht und einer gehörigen Portion Sturheit beginnt sie ihre Arbeit und erlebt Dinge, von denen sie bisher nur in Büchern gelesen hatte. Eine Welt ohne Luxus und gespielter Freundlichkeit, dafür mit harter Arbeit, aber auch Liebe und Anerkennung. 

 

Ohne Umschweife möchte ich ein Lob für diesen Roman aussprechen, den er hat mich ab den ersten Zeilen gefesselt. Wie funktioniert sowas? Mit einer wundervollen, bilderhaften Sprache, die sich bestens in das Gefilde des 19. Jahrhunderts einfügt. Allein vom Cover und vom Genre sagte mir der Buchtitel bereits zu, da ich mich in die Technik und Mode dieses Jahrhunderts verliebt habe und ich mich auf den Alltag im alten London freute.

Umso überzeugender entwickelten sich für mich die Charaktere im Laufe des Buches und besonders die Hauptperson Animant habe ich ins Herz geschlossen. Sie ist vorlaut und besserwisserisch, aber versprüht mit ihrer sarkastischen Intelligenz einen umheimlich authentisch und liebenswürdigen Charme. Bei ihr wie auch bei allen anderen Charakteren spürt man eine Tiefe und eine langsame, aber bemerkbare Charakterentwicklung, die die Geschichte real werden lassen. Da die Geschichte aus Animants Sicht verfasst wurde, bekommt man natürlich EInblick in ihre Gedankenwelt, aber wie bei einem selbst, steht nicht jeder Gedanke felsenfest, sondern wird abgewogen und hinterfragt. Sie legt zwar eine gute Selbstsicherheit hin, aber erschauert in Liebesangelegenheiten, lässt den Leser mitfiebern und mitbangen. Durch ihre Unerfahrenheit bauen sich romatische Gefühle erst langsam und beständig auf und vorerst ist Animant durch ihre Arbeit zu sehr dafür beschäftigt. Das bermerkt man auch beim Lesen. Eine schnelle Romanze wird der Leser hier nicht finden. Intime, zögerliche Momente, die einen als Leser ebenso auf die Folter spannen wie auch Animant selbst, werdet ihr aber garantiert antreffen.

Die Komik wird meist durch zynische Bemerkungen, ironische Konter und sarkastische Antworten vermittelt, die beim Aufeinandertreffen der gänzlich unterschiedlichen Charaktere hervogerufen werden. Auch die teilweise sehr modernen Ausdrücken in der Sprache der Figuren trug dazu bei und störte mich keineswegs. Aber auch viele Situationen von Animant brachten mich teilweise laut zum Lachen.

Ich habe mich von diesem Buch und seiner Welt verzaubern lassen, habe mit Animant Luftschiffe bestaunt und die Nervösität vor einem Tanz mit dem Schwarm gefühlt. All die Emotionen und Gefühle fühlten sich vertraut an und wie Animant versank ich in den Worten eines Buches.

Ich empfehle das Buch jedem, der sich ins 19. Jahrhundert versetzen lassen und mit den Augen einer 19-jährigen, sarkastischen und klugen Dame eine fortgeschrittene Stadt wie London erkunden und die Liebe entdecken möchte.