Rezension

Wunderschönes Cover, enttäuschender Inhalt.

Die Zeit des Lichts - Whitney Scharer

Die Zeit des Lichts
von Whitney Scharer

Bewertet mit 2 Sternen

Selten hatte ich mich so sehr in einem Buch getäuscht. Schade! Ich liebe historische Romane, bin insbesondere von starken Frauencharakteren fasziniert und hatte daher angenommen, mit einem Werk, in dem die Autorin Whitney Scharer uns ins Paris der Dreißigerjahre entführt und das Leben der berühmten Lee Miller portraitiert, könnte ich nichts falsch machen.

Das Cover ist wirklich passend gewählt worden. Es spiegelt den Stil der damaligen Zeit wider, strahlt schlichte Eleganz aus und rückt das Thema Fotografie, auf welches tatsächlich sehr detailliert eingegangen wird, da es eine Hauptkomponente des Romans bildet, in den Fokus. 

Die Amerikanerin Lee Miller, die mir bis dato noch gänzlich unbekannt gewesen war, hatte ein aufregendes Leben geführt. Als Kind nach einem sexuellen Übergriff traumatisiert, wuchs sie zu einer Schönheit heran und arbeitete sehr erfolgreich als Model für die Vogue, ehe sie beschloss, nach Paris zu ziehen, wo ihr der Fotograf Man Ray begegnete. Lee wird seine Muse, Man Ray wird Lees Liebhaber und Lehrmeister in Sachen Fototechnik. Die Arbeit hinter der Kamera erscheint ihr erfüllender als das Posieren davor und wenige Jahre später wird sie mit ihren Kriegsreportagen Weltruhm erlangen: sie lässt sich in Hitlers Badewanne ablichten, berichtet von der Befreiung der Konzentrationslager. 

Mit dem nüchternen, gänzlich emotionslosen und dauerhaft distanzierten Schreibstil bin ich leider überhaupt nicht warmgeworden. Die Autorin schreibt im Präsens; Lees Gedanken und Gefühle werden eingeleitet mit Formulierungen wie 'Lee fühlt XYZ' oder 'Lee denkt, dass XYZ'… Anfangs dachte ich noch, ich würde mich im Laufe der Lektüre daran gewöhnen, aber ich habe auch nach bald 400 Seiten keinerlei Zugang zur Hauptfigur gewinnen, geschweige denn Sympathie oder Mitgefühl für sie entwickeln können. 

Die Zeitsprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit folgen – bis auf den ersten Rückblick - keinem logischen Muster. Wirklich interessant erschienen mir nur wenige Sequenzen, jene Momentaufnahmen aus Kriegszeiten; abgesehen davon empfand ich das Werk als langatmig und langweilig. Von Lees so bedeutender Arbeit als Kriegsreporterin ist beinahe gar nichts zu lesen, bis auf ein paar scheinbar flüchtig eingeworfene Seiten, auf ein Minimum reduziert. Schwerpunkt des Romans ist stattdessen Lees Beziehung zu Man Ray. Nun, damit hätte ich mich arrangieren können…mit einer unsympathischen, egoistischen und selbstbezogenen Hauptfigur allerdings nicht. Ich verstehe, dass Lees lieblose Kindheit sie geprägt haben muss, dennoch triefte das Werk quasi vor Schwermut, Depression und Verbitterung – mir war, als säße ich während des Lesens unter einer düsteren Wolke, alles fühlte sich negativ an. Letztlich springt Lee mit anderen Menschen so um, wie sie selbst nicht behandelt werden möchte – andauernd fühlt sie sich auf ihre Schönheit reduziert, als Fotografin bzw. Künstlerin nicht genügend geschätzt, von ihrem Partner eingeengt…aber sie hat keinerlei Hemmungen, andere Menschen für ihre Bedürfnisse auszunutzen. Mir kam sie hart, eitel und uneinsichtig vor. Das Paris der Dreißigerjahre wird auf Opium-Parties und sexuelle Freizügigkeit reduziert, ein sehr einseitiges Portrait. 

Fazit: Meine 2 Sterne setzen sich aus dem schönen Cover und der Grundidee zur Story zusammen, deren Umsetzung leider gar nicht mein Fall war.