Rezension

Wundervolles, originelles Kinderbuchdebüt, das mit starren Rollenbildern bricht!

König Guu 1: König Guu - Adam Stower

König Guu 1: König Guu
von Adam Stower

Wundervolles Kinderbuchdebüt, das mit einer überraschend spannenden, wendungsreichen Geschichte, mit liebevoll ausgearbeiteten Figuren, einem sympathischen Protagonisten, Witz und charmanten, stimmungsvollen Illustrationen überzeugt. Das Highlight ist aber die unvergessliche eigentliche Heldin des Buches: König Guu, das intelligente, starke Mädchen mit Bart. Adam Stower zelebriert hier Freundschaft und Anderssein und gibt Kindern viele wichtige Botschaften und eine große Portion Selbstbewusstsein mit auf den Weg: „Du darfst genau so sein, wie du willst und genau so bist du wundervoll!“ Das Buch zerbricht Geschlechterrollen und setzt sie neu zusammen. Der Autor teilt nicht länger ein in „Mädchenkram“ und „Jungenkram“, sondern entwirft eine neue Kategorie, die Kinder nicht länger in Schubladen pressen will: „Menschenkram“.

Inhalt

Auf der Flucht vor seinem Erzfeind Monty stolpert Ben zufällig über einen kleinen Wald, über den eine ganz ungewöhnliche Person herrscht: König Guu, ein Mädchen mit einem wunderschönen, dichten Bart. König Guu lebt dort mit ihrem Wombat Herbert. Monty und seine Freunde hegen schon finstere Pläne, doch da haben sie die Rechnung ohne die intelligente Majestät und ihren neuen besten Freund Ben gemacht…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Figuraler Erzähler
Perspektive: aus männlicher Perspektive
Tiere im Buch: Es werden im Buch Fische gefangen und verspeist. Ansonsten werden keine Tiere verletzt. Für andere gefährliche Stunts wurden zum Beispiel Stunt-Schnecken eingesetzt. ;) Ansonsten wird mit Tieren (besonders Herbert) absolut liebevoll umgegangen, das hat für Kinder natürlich Vorbildwirkung.

Warum dieses Buch?

Auch weiterhin bereite ich mich fleißig auf zukünftige Nichten, Neffen und Patenkinder vor. Dieses Buch hat mich sofort angesprochen, weil der Klappentext so ungewöhnlich klang und einen Bruch mit klischeehaften Rollenbildern versprach. Außerdem hatte ich vom Buch nur Gutes gehört!

Meine Meinung

Geschichte ( ♥ )

Adam Stower verarbeitet in diesem Buch zum Teil autobiographische Kindheitserlebnisse mit seinem Bruder und Internatserinnerungen. Der Autor kreiert hier eine absolut schlüssige, interessante Geschichte, die die Neugier der jungen Leser konstant hochhalten wird und denen leicht gefolgt werden kann. König Guus riesengroßes Baumhaus mit all den Rutschen, Besonderheiten und Geheimnissen ist ohne Frage der wahrgewordene Traum vieler Kinder.
Auch die Botschaft betreffend, kann das Buch überzeugen: König Guu hilft Ben, seine Angst vor jenen zu überwinden, die ihm täglich das Leben schwermachen. Das Buch zeigt Kindern, dass auch die scheinbar unbesiegbarsten Erzfeinde nur Menschen sind, die ebenso ihre eigenen Ängste und Schwachpunkte haben und dass es etwas bringt, wenn man sich nicht alles gefallen lässt. So wird dieses Buch ohne Frage nicht nur unterhalten, sondern auch das Selbstbewusstsein der Kinder stärken. Und das alles in einer Geschichte, die manchmal so herrlich witzig ist! Freundschaft und Anderssein werden zelebriert. Die Kernaussage: „Es ist wundervoll, dass alle Menschen verschieden sind!“

Schreibstil (+)

Der Autor traut 7-11-Jährigen auf jeden Fall etwas zu, da die Sätze teilweise überraschend komplex sind und viele Satzgefüge enthalten. Auch wenn das Buch vor allem für die Jüngeren und Ungeduldigeren somit vielleicht zu fordernd sein dürfte, so sind die Sätze dennoch gut verständlich. Es gelingt Adam Stower ausgezeichnet, Gefühle zu erzeugen und das Kopfkino anzuwerfen. Außerdem ist das Kinderbuch überraschend spannend und manch unerwartete Wendung bringt zusätzlich Pepp in die Geschichte. So wird es den Kindern sowohl beim Selberlesen wie auch beim Vorlesen sicher niemals langweilig!

Figuren & Hauptfigur (♥)

Bei den Figuren hat sich Adam Stower besonders ins Zeug gelegt. Jede von ihnen ist liebevoll ausgearbeitet und bleibt im Gedächtnis, in die meisten sind wohl ebenso viel Kreativität wie Witz geflossen. Die Bösewichte bleiben zwar etwas flacher, doch das ist in einem Kinderbuch absolut angemessen. Dennoch erhalten auch sie kleine Schwächen und Ängste.

Ben ist ein sympathischer Protagonist, mit dem sich sowohl Jungen wie auch Mädchen gleichermaßen gut identifiziere können werden. Man leidet mit ihm und freut sich über den Glückstag, an dem ihm schließlich König Guu über den Weg läuft und an dem sich sein Leben vollkommen verändert.

Die intelligente Majestät mit Bart ist es schließlich, die alle in den Schatten stellt. Das schlaue, selbstbewusste Mädchen, das ganz alleine mit ihrem Wombat Herbert in einem gigantischen Baumhaus wohnt, sich irre Fallen für Feinde ausdenkt, seltsames Essen kocht und das Leben einfach genießt, erinnert aufgrund ihrer Persönlichkeit und aufgrund ihres elternlosen Lebensstiles stark an Pippi Langstrumpf. Sie liebt und pflegt ihren Bart, läuft barfuß, gibt nichts darauf, was andere denken und vermittelt somit den lesenden Kindern, dass Anderssein mehr als in Ordnung ist und dass Vielfalt etwas Wunderbares ist! So wird spielerisch die Akzeptanz der Kinder für jene Menschen erhöht, die nicht der Norm entsprechen. Adam Stower hat hier mutig eine unvergessliche Kinderbuchfigur erschaffen, die er nutzt, um wichtige Botschaften zu vermitteln.

Illustrationen (+)

Die Illustrationen sind von der Machart nicht so schön, dass man Tränen darüber vergießt, aber sie sind auf jeden Fall dennoch hübsch anzusehen. Sie illustrieren die beschrieben Szenen absolut passend und charmant. Wer den klassischen Comic-Stil schätzt, wird mit diesen lustigen, anschaulichen Zeichnungen, die die Stimmung immer perfekt einfangen, sicher seine Freude haben.

Humor (+)

Die meisten richtig guten Bücher enthalten mindestens eine kleine Portion Humor. Auch hier gibt es einige amüsante Stellen, die Witze gehen meist auf Kosten der Bösewichte – Schadenfreude ist also inklusive.

Geschlechterrollen & Vielfältigkeit (♥)

Was Vielfältigkeit betrifft, hätte ich mir hier auf jeden Fall mehr erwartet. Hier hoffe ich auf das nächste Buch.

Was die Geschlechterrollen betrifft, hatte ich am Beginn noch meine Zweifel, doch diese wurden sofort zerstreut, als König Guu in Erscheinung tritt. Adam Stower hat das Problem der starren Rollenbilder nicht nur verstanden und versucht sie aufzubrechen – nein! Er ZERbricht sie vollkommen und setzt sie dann wieder neu zusammen. Durch die intelligente, selbstbewusste und starke Figur König Guu, die bei Plänen stets das Ruder übernimmt, lernen Kinder, dass auch Mädchen die Führung übernehmen können und dass sie keineswegs Prinzessinnen sind. Außerdem wird vermittelt, dass Jungs auch gerettet werden dürfen und nicht immer nur retten müssen. Die Botschaft: „Du darfst genau so sein, wie du willst und bist wundervoll, wie du bist.“ Zum Beispiel darfst du auch als Mädchen einen Bart haben, wenn das dein Wunsch ist. Der Bart ist hier ein Symbol für alles, was den klassischen Rollenbildern widerspricht.

Auch die Bösewichte sind kein rein männliche Gruppe: Ein großes, starkes und ziemlich fieses Mädchen mit Kräften wie „ein Gorilla“ mischt hier ebenfalls mit und schmeißt Kinder quer über den Schulhof. Auch der böse, berechnende Stiefonkel, der hinter dem Familienvermögen her ist, widerspricht Genderstereotypen. Also, wie man im Geburtsland des Autors sagen würde: „Good Job, Adam Stower!“ Very, VERY good Job!

Mein Fazit

Wundervolles Kinderbuchdebüt, das mit einer überraschend spannenden, wendungsreichen Geschichte, mit liebevoll ausgearbeiteten Figuren, einem sympathischen Protagonisten, Witz und charmanten, stimmungsvollen Illustrationen überzeugt. Das Highlight ist aber die unvergessliche eigentliche Heldin des Buches: König Guu, das intelligente, starke Mädchen mit Bart. Adam Stower zelebriert hier Freundschaft und Anderssein und gibt Kindern viele wichtige Botschaften und eine große Portion Selbstbewusstsein mit auf den Weg: „Du darfst genau so sein, wie du willst und genau so bist du wundervoll!“ Adam Stower zerbricht mit seinem Kinderbuch Geschlechterrollen und setzt sie neu zusammen. Der Autor teilt nicht länger ein in „Mädchenkram“ und „Jungenkram“, sondern entwirft eine neue Kategorie, die Kinder nicht länger in Schubladen pressen will: „Menschenkram“.

Empfehlung: Uneingeschränkte Leseempfehlung (auch für Erwachsene, die ihren Kindern immer noch klischeehafte Rollenbilder einimpfen und ihnen damit das Leben schwer machen)!

Bewertung

Idee: 5 Sterne
Geschichte: 5 Sterne ♥
Ausführung: 5 Sterne
Schreibstil: 4-5 Sterne
Personen: 5 Sterne ♥
Hauptperson: 5 Sterne ♥
Illustrationen: 5 Sterne
Vielfältigkeit: -
Rollenbilder: ♥ Adam Stower bricht radikal mit Genderstereotypen und trägt somit dazu bei, dass unsere Kinder in einer Zukunft leben können, in der sie nicht mehr in Schubladen passen müssen.

Insgesamt:

❀❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch erhält von mir fünf absolut begeisterte Lilien! Diesen Autor sollte man im Auge behalten!