Rezension

Wurzelwerk

Die Königschroniken: Ein Reif von Eisen
von Stephan M. Rother

Bewertet mit 3 Sternen

Ein neues Fantasy-Epos also. "Die Königschroniken", immerhin ein schöner Titel. Untertitel des ersten Bandes: "Ein Reif von Eisen", der schon angekündigte zweite Band heißt "Ein Reif von Bronze". Das läßt mich vermuten, das Werk sei auf vier Bände angelegt. Im Grunde macht das ja auch Sinn, will man eine ganze Welt neu erschaffen und dabei Details herausarbeiten. Außerdem sind vier Bände klassisch, zumindest gefühlt.

Dieser erste Band nun ist recht hübsch ausgestattet. Der Titel ist geprägt, ein Eschenmedaillon/-siegel ebenso. Das fühlt sich gut an und sieht auch gut aus. Beim Aufschlagen des Buches finden wir als erstes eine Karte des neu erschaffenen Reiches, sehr schön und praktisch, will man etwaige Reisen oder Grenzverläufe nachverfolgen. Namen wie Westerschild, Ödmark kommen einem bekannt vor, aber man muss ja auch nicht immer das Rad neu erfinden. Der Leuchtturm namens Phoras ließ mich tatsächlich ein wenig schmunzeln.

Der Autor, Stephan M. Rother, ist studierter Historiker und durchaus erfahrener Schriftsteller. Er schreibt hauptsächlich Thriller, da sollte ihm der Umgang mit Spannungsbögen ein leichtes sein. Denkt man.

Und damit sind wir beim eigentlichen Thema, dem Inhalt des Buches. Ich bin was das anbelangt ja eine Freundin der Kurzbeschreibung. Sehr kurz wäre "Die Esche welkt, das Reich wankt", was ja aber im Grunde für fast jeden Fantasy-Roman so zutrifft. Daher also ein wenig ausführlicher: Im Reich der Esche ( ein Schelm, wem da Yggdrasil, der Weltenbaum der nordischen Sagenwelt in den Sinn käme) kriselt es. Die Blätter beginnen zu welken, ein Machtwechsel steht an. Im Norden, in den Ländern des alten Königreiches Ord sieht es ähnlich aus. Aus wechselnden Perspektiven erhalten wir nun Einblick in die politischen Verhältnisse, Machtströmungen und gesellschaftlichen Gegebenheiten. Das ist mal mehr, mal weniger spannend. Grundsätzlich festzustellen ist, dass Rother seine Welt sehr an unser Mittelalter angelehnt hat. Frauen haben scheinbar, unabhängig davon wie charakterstark sie sind, wenig zu sagen, treten als jungfräuliche Töchter, Prostituierte oder Sklavinnen auf. Fanatische Gläubige, schilderrasselnde Krieger und intrigante Höflinge prägen das Bild. Auch das wiederum ist nicht neu, aber kann ja, wenn man die Versatzstücke entsprechend zusammenbaut durchaus spannend sein. Ist es in Ansätzen auch. Aber eben nur in Ansätzen. Im Grunde haben wir einen reinen Einführungsband vor uns, die Vorgeschichte zur eigentlichen Handlung. Würde ich der Handlung zumindest so wünschen. Mein Eindruck jedenfalls ist, daß das Buch in dem Moment aufhört, wo die Handlung anfängt und zwar mit einem geradezu fiesen Cliffhanger. Als wäre dem Autor bewußt gewesen, dass er schon einen hohen Anreiz bieten muss, damit man auch den nächsten Band erwirbt. Werde ich aber trotzdem nicht. Denn allzu bekannt und beliebig ist mir die Geschichte bis hierhin, wenn auch professionell umgesetzt. Seine Hausaufgaben hat der Schriftsteller und Historiker Rother definitiv gemacht, seine Welt ist stimmig aufgebaut, die Charaktere entsprechen ihrem Umfeld. Allein mir fehlt die Phantasie und der Willen Neues zu erschaffen, statt Altbekanntes zu variieren. Schade.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 29. Oktober 2017 um 17:02

Kann man so sehen, finde ich aber ein bisschen zu hart. Hat doch trotzdem Spaß gemacht oder nicht?

Giselle74 kommentierte am 29. Oktober 2017 um 17:44

Hm, mir nicht so wirklich. Aber ich denke tatsächlich darüber nach, dem nächsten Band noch eine Chance zu geben. Außerdem bin ich gar nicht so hart: ich hab die Machart des Buches gelobt, ich hab seine Hausaufgaben gelobt, ich hab die Stimmigkeit gelobt. Das ist schon recht viel Gelobe,finde ich...

 

wandagreen kommentierte am 30. Oktober 2017 um 08:55

Doch, doch. Imm Sinne von: stimmt schon. Ich möchte das mit dir lesen. Deine Anmerkungen haben mir gefallen.

Giselle74 kommentierte am 30. Oktober 2017 um 09:49

Bis zum Erscheinen habe ich ja noch ein bißchen Bedenkzeit. Was sagt es über ein Buch eigentlich aus,wenn man das Besprechen vergnüglicher findet als das Lesen?