Rezension

Wusste mich auf ganzer Länge von sich zu überzeugen

Stranded - Im Bann des Sees - Kate Dylan

Stranded - Im Bann des Sees
von Kate Dylan

Inhalt:
Mellie ist eine Wandlerin. Nachts lebt sie unter Wasser, tagsüber geht sie an Land, um gemeinsam mit ihrem besten Freund, Rynn und den anderen „Scouts“ dafür zu sorgen, dass kein Landgänger den See und somit ihre Heimatstadt Astria jemals zu Gesicht bekommt.
An einem Tag jedoch entdecken Rynn und Mellie, dass einer der Schutzanker beschädigt wurde. Die Beiden erstatten ihrem Vorgesetzten umgehend Meldung. Fortan müssen die Kontrollen verstärkt werden. Denn ohne den Schutzzauber sind die Wassermenschen in Gefahr. Schon einmal wurde ihr Volk von den Menschen entdeckt und angegriffen.
Mit den verstärkten Kontrollen und dem damit verbundenen Zeitaufwand erhöht sich jedoch auch das Risiko. Denn es gibt drei Regeln, die den Wandlern bereits vor dem ersten Landgang eingebläut wurden. Die erste davon ist die wichtigste: Bleibe nie nach Sonnenuntergang an Land zurück.
Es heißt, dass man nach Sonnenuntergang die Fähigkeit verliert, sich zu verwandeln. Man ist gezwungen, die Nacht draußen zu verbringen, und solch eine Nacht im Freien hat bislang noch kein Wandler überlebt.
Als Mellie und Rynn sich dann, um ihre Aufgabe erfüllen zu können, aufteilen, passiert ein großes Unglück. Mellie wird angegriffen. Sie ist ihren Angreifern alleine ausgesetzt. Während des Kampfes verliert sie das Bewusstsein. Als sie wieder erwacht, befindet sie sich in einer Holzhütte. Alleine mit einem Menschen. Als wäre das nicht schon schlimm genug, muss sie kurz darauf feststellen, dass die Sonne schon längst untergegangen ist.

Im Detail:
Mellie weiß, anders als die übrigen Wandler aus ihrer Gruppe, nur zu gut, was es bedeutet, die erste Regel zu verletzen. Denn ihre Mutter war die Einzige, die freiwillig nach Sonnenuntergang an Land zurückgeblieben ist. Dieses Vergehen ist noch heute in aller Munde. Alle gehen davon aus, dass Mellies Mutter mittlerweile verstorben ist. Man bezeichnet sie als Verräterin, Selbstmörderin und Fahnenflüchtige. Mellie wiederum erfährt eine Art Sippenhaft. Sie wird für die Sünden ihrer Mutter in Verantwortung genommen. Lediglich Rynn, Mellies bester Freund, steht dem Mädchen treu zur Seite. Er verteidigt sie gegen Vorwürfe der anderen Bewohner Astrias und sogar gegen die eigenen Eltern.
Rynn und Mellie sind, seit Mellie denken kann, beste Freunde. Gemeinsam bestreiten sie die Nächte unter Wasser und die Landgänge am Tage. Wie auch Mellie ist Rynn ein Wandler. Nicht alle Wassermenschen werden mit dieser Fähigkeit geboren. Erst mit zehn Jahren muss sich jeder Wassermensch der Landprüfung stellen. Hierzu werden die Kinder unter dem schützenden Blick der Wandler an Land geworfen. Wenn sie sich nicht verwandeln, dann dürfen sie als Natürliche zurück ins Wasser. Fortan werden sie mit einer Aufgabe innerhalb der Stadt betraut. Unter denen, die sich verwandelt haben, treffen die Soldaten, die Scouts oder die Läufer eine Auswahl. Sowohl Rynn als auch Mellie wurden von den Scouts erwählt. Ihre Aufgabe ist es, sich um die Sicherheit der Stadt zu kümmern, indem sie überprüfen, ob die Schutzzauber, die den See vor den Augen der Landgänger verbergen sollen, noch intakt sind.
Rynn und Mellie sind sich der Gefahr bewusst, die sie sich täglich aussetzen. In der Schule haben sie einiges über das Leben an Land gelernt. Sie wurden auf Begegnungen mit Landgängern bestens vorbereitet. Und dennoch vermeidet man diese natürlich, so gut es eben geht.
Doch in letzter Zeit wurden verstärkt Beschädigungen der Schutzzauber festgestellt. Mellie und Rynn sind, genauso wie der Vorgesetzte ihrer Einheit, besorgt. Den Spaß, den ein Landgang mit sich bringt, lassen sie sich jedoch nicht nehmen. Die Freundschaft zwischen Rynn und Mellie ist eng. Sie wissen, dass sie einander vertrauen können. Gemeinsam scherzen sie und erleben schöne Momente.
Rynn ist ein attraktiver, charmanter, cleverer und lebensfroher Mann. Stets findet er ein Mädchen, mit dem er ein paar schöne Stunden verbringen kann. Doch an erster Stelle steht natürlich immer Mellie, seine beste Freundin. Mellie ist ein sehr umgänglicher und freundlicher Charakter. Doch sie hat eine kleine Schwäche. Ihre Sturheit. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kann sie gleichermaßen engstirnig und verbohrt wirken.
Rynn, fröhlich und unbekümmert, bietet einen schönen Kontrast. Er lässt sich von Mellies Launen nicht beirren, sondern sieht einfach darüber hinweg. Dieses Verhalten führt dazu, dass Mellie und Rynn hervorragend miteinander auskommen.
Als Mellie Opfer eines Überfalls wird überschlagen sich die Ereignisse. Für Mellie bricht eine Welt zusammen. Noch nie hat man von einem Wandler gehört, der zurückgekehrt ist. Im Wald lauern Gefahren und dann ist da noch dieser Mensch, dem sie plötzlich gegenübersteht. Menschen sind gefährlich. Das wird bei Caleb, wie sich der Landgänger kurze Zeit später bei ihr vorstellt, nicht anders sein. Doch was hat Mellie für eine Wahl? Zurück in den gefährlichen Wald gehen? Dorthin, wo die Wildtiere sie angreifen und vermutlich töten werden? Oder Caleb ein Stück weit Vertrauen schenken?
Im Laufe der Zeit stellt sich Caleb als sehr interessanter Charakter heraus. Er ist so ganz anders als Rynn. Er liebt Horrorfilme, er hat einen Hund, der ihm treu zur Seite steht, möchte ein eigenes Drehbuch schreiben und lebt ganz alleine im Wald. Dass Caleb den Kontakt mit anderen Menschen scheut und Mellie mit den Worten, „ich bin kein Serienmörder“, empfängt, macht die Situation natürlich nicht besser.
Neben den Ängsten, die Mellie bzgl. Caleb plagen, gibt es natürlich auch noch die Frage, wie und ob sie zu ihrem Volk und somit auch ihrem besten Freund Rynn zurückkehren kann und ob sie in den Augen ihrer Gemeinschaft zur Verräterin wird.

Fazit:
Kate Dylan hat mich sofort überzeugt. Ein kleines Universum wird auf den ersten Seiten ihres Romans, Stranded – Im Bann des Sees, entworfen. Eine Reise durch eine Fantasy-Welt, die viel Neues bietet.
Gekonnt ist auch, wie Kate Dylan ihre Figuren inszeniert. Am Anfang steht eine große Freundschaft zwischen Mellie und Rynn, die man als Leser gerne verfolgt.
Mit der Einführung Calebs wird summa summarum ein weiterer eindeutig sympathischer, da souveräner und interessanter Charakter gezeichnet.
Die Entwicklung der Figuren, ihre Eigenheiten und Schrulligkeiten zu beobachten, bildet ein Highlight der Geschichte.
Wenngleich die Autorin auf einen typisch reißerischen Plot üblicher Spannungsliteratur verzichtet, müht man sich nach der Lektüre Kreislauf und Blutdruck wieder unter Kontrolle zu bringen.
Stranded – Im Bann des Sees ist ein fantasievoller und spannender Roman, der mit neuen Ideen daherkommt. Von mir gibt es eine volle Leseempfehlung an Liebhaber dieses Genres.

Buchzitate:
Wenn etwas eine Schale hatte, unauffällig oder irgendwie getarnt aussah, dann ließ es sich höchstwahrscheinlich gefahrlos essen.