Rezension

Wut als Parasit

Die Harpyie
von Megan Hunter

Bewertet mit 4 Sternen

Hebt sich von der Norm ab. Eine poetische, wuchtige Sprache.

Inhalt:
„Als Lucy erfährt, dass ihr Ehemann Jake sie betrügt, soll eine verhängnisvolle Abmachung die Ehe retten: Drei Mal darf Lucy Jake bestrafen. Wann und auf welche Weise, entscheidet sie. Ein gefährliches Spiel zwischen Rache und Vergebung entbrennt – und schließlich erwacht eine Seite in Lucy, die schon immer tief in ihr geschlummert hat. Bildreich und sprachmächtig erzählt Megan Hunter ein atemberaubendes, dunkles Märchen über eine Verwandlung, aus der es kein Zurück mehr gibt. 

Lucy und Jake Stevenson leben mit ihren beiden Söhnen am Rande einer wohlhabenden Kleinstadt in England. Während Jake täglich zur Universität pendelt, arbeitet Lucy von zu Hause aus und kümmert sich um die Kinder. Doch eines Nachmittags zerstört ein Anruf die Familienidylle: Jemand möchte Lucy wissen lassen, dass Jake eine Affäre mit einer Arbeitskollegin hat. Das Paar beschließt zusammenzubleiben, trifft aber eine Vereinbarung als Ausgleich für den Verrat: Lucy wird sich drei Mal an Jake rächen – und er weiß nicht, wann und auf welche Weise. Während die beiden sich auf ein subtiles Spiel um Verbrechen und Strafe einlassen, beginnen sich Lucys Körper und Geist allmählich zu verändern, die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschwimmen – eine Verwandlung, die sich nicht mehr aufhalten lässt …“

Schreibstil/Art:
Eine düstere, dichte und wuchtige Sprache macht diese besondere Story aus. Die kurzen, abgehakten Sätze lassen sich zwar schnell lesen, wobei das Tempo der Geschichte trotzdem schleppend vorankommt. 

Viele Momente und Gedanken sind ziemlich detailliert beschrieben. Die kursiven Einschübe erläutern die Beziehung und Faszination zur Harpyie. Das unterbricht den Lesefluss und holt den Leser kurz aus der Geschichte raus. Diese Methode hat mich keineswegs gestört, eher fasziniert.

Lucys Leben und die Beziehung zu ihrem Mann sowie auch zu den Kindern wirkt anfangs sehr distanziert und gefühllos. Dass man sie als Mensch nicht greifen kann, wurde meines Erachtens bewusst von der Autorin so gewählt. 

Fazit:
Themen wie die Unterdrückung und die Rolle einer Frau in der Gesellschaft, Erwartungshaltungen, Ehefrau und Muttersein sind hier quasi die Grundsteine. Lucys Gedanken kann man nicht auf Anhieb verstehen und muss sich deshalb einiges zusammenreimen. Das „Zwischen-den-Zeilen-lesen“ hat mir sehr gefallen da es sich völlig von der Norm abhebt und die Sprache somit total in den Vordergrund stellt.

Die Einengung und die ständige Perfektion machen Lucy verrückt und lassen sie daran zerbrechen. Zum Ende hin kann man die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit kaum auseinanderhalten und lassen viel Spielraum für Interpretationen. Die Kernaussage kann man nur mutmaßen und ist schwer zu verstehen, dafür gibt es von mir leider einen Minuspunkt. 

Eine anspruchsvolle und kurzweilige Lyrik mit einem düsteren Touch.