Rezension

Zamonische Literatur der Spitzenklasse!

Die Stadt der träumenden Bücher - Walter Moers

Die Stadt der träumenden Bücher
von Walter Moers

Bewertet mit 5 Sternen

„Hier fängt die Geschichte an.“ Mit diesen magischen Worten entführt uns Walter Moers ins zauberhafte Zamonien wo wir den Abenteuern von Hildegunst Von Mythenmetz folgen. Von Mythenmetz ist ein sympathischer Lindwurm, außerdem Schriftsteller, noch ganz am Anfang seiner Karriere. Dass er ein erfolgreicher Autor werden wird steht außer Frage, schließlich haben alle Lindwürmer eine besondere Gabe für das geschriebene Wort. Von seinem „Dichtpaten“ erbt Von Mythenmetz ein altes Manuskript eines unbekannten Verfassers, begleitet vom dringlichen Ratschlag, es zu lesen und sich davon inspirieren zu lassen. Doch beim Lesen traut Von Mythenmetz seinen Augen kaum: Das wenige Seiten umfassende Manuskript ist das unglaublichste, fantastischste, perfekteste Schriftstück, dass ihm jemals unter die Nüstern gekommen ist. Ohne zu zögern macht er sich auf den Weg nach Buchhaim, der Stadt der träumenden Bücher, um den unbekannten Autor ausfindig zu machen. In Buchhaim wimmelt es nur so, von verschiedenartigsten Bewohnern des zamonischen Kontinents, die alle eines gemeinsam haben: ihre Besessenheit von Büchern. Während er sich mit der faszinierenden Geschichte der Stadt und ihren Besonderheiten vertraut macht, sucht Hildegunst nach Hinweisen auf den Verfasser seines Manuskripts. Zunächst vergeblich, aber dann trifft er endlich auf den wohlhabenden Antiquar und Schriftgelehrten Phistomephel Smeik, der ihm möglicherweise weiterhelfen kann. Und hier fängt die Geschichte nun wirklich an!

Ein Reisebericht der besonderen Art

„Die Stadt der träumenden Bücher“ ist der vierte Zamonien-Roman von Walter Moers, benötigt jedoch keine Vorkenntnisse und ist meiner Meinung nach ein toller Einstieg in die zamonische Literatur. 
Hier ist noch zu erwähnen, dass Herr Moers sich selbst ausschließlich als Übersetzer nennt, denn der Autor des Werks ist selbstverständlich der berühmte zamonische Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz.
Den eigensinnigen Lindwurm muss man einfach ins Herz schließen. Obwohl er mehrfach auf sein genetisches Dinosaurier-Erbe anspielt -nicht ohne Stolz, wie ich meine- ist der angehende Autor keinesfalls ein wildes, unabhängiges Raubtier. Nein, er schätzt die Zivilisation, ausgiebige und regelmäßige Mahlzeiten und vor allem natürlich ausgezeichnete Literatur. Über seine neurotische Ader und seine „kreativen Ängste“, die sich mit an Arroganz grenzender Selbstüberschätzung abwechseln, kann man so manches Mal herzlich lachen. Ein durchweg glaubhafter und menschlicher Charakter (was für einen Lindwurm durchaus was zu heißen hat)!
Auch die übrigen Charaktere sind liebevoll gestaltet und authentisch. Schon nach kurzer Zeit glaubt man sie zu kennen wie gute, alte Freunde (oder Feinde, je nachdem). 
Durch sie wird die Geschichte lebendig und spannend, so dass auch die zahlreichen Abschweifungen und Umwege, durch die wir dem Helden folgen, interessant bleiben.  
Die Handlung enthält viele humoristische Elemente, entbehrt jedoch nicht einer gewissen Tiefe und Dramatik, so dass es einem leicht fällt, mit den Protagonisten – so fremdartig sie auch sein mögen- mitzufühlen und man am Ende möglicherweise sogar ein verstohlenes Tränchen aus dem Augenwinkel wischen kann.
Die gigantische Welt Zamonien (ein vergessener Kontinent unseres Planeten übrigens, der irgendwo zwischen Amerika und Europa verborgen liegen soll) sprudelt nur so über vor außergewöhnlichen und verrückten, Dingen, Orten und Wesen und ich kann nur immer wieder die blühende Fantasie des Autors bewundern! 
In „Die Stadt der träumenden Bücher“ finden sich zahllose Anspielungen auf Walter Moers weitere Romane, die den erfahrenen Zamonien-Reisenden erfreuen werden, aber subtil genug sind um den Neueinsteiger nicht zu verwirren.

 

Cover:

Das Cover zeigt – wie sollte es anders sein- hunderte, vielleicht tausende Bücher kreuz und quer aufeinander gestapelt. Vorrangig in dunklen Braun- und Grüntönen gehalten vermittelt es den Eindruck von alten, antiquarischen Werken. Dazwischen ist ein kleines Wesen mit einem einzigen riesenhaften Auge zu sehen, das in ein aufgeschlagenes Buch vertieft ist.
Mir gefällt das Cover sehr gut, die Vorstellung in alle diese Bücher gleichzeitig eintauchen zu können, spricht mich sehr an. Das unbekannte Wesen darauf macht neugierig. Ich persönlich wollte deshalb schnell herausfinden, worum es sich hierbei handelt.
 

Schreibstil:

Walter Moers versteht es wie kein anderer mit den Worten zu „malen“ und den Leser mit derart bildhaften Formulierungen zu beglücken, dass man am Ende glaubt, einen Film gesehen zu haben. Dabei variiert er geschickt die Erzählgeschwindigkeit, vermittelt Action und Spannung um dann wieder im Augenblick zu verharren und in aller Ausführlichkeit den  Gedankengängen des Protagonisten zu folgen.
Ein besonderes Talent hat Herr Moers für die Schöpfung neuer, grotesker Worte und ausgefallener Namen, was mich häufig zum Schmunzeln gebracht hat. Besonders gefällt mir aber, wie der Autor immer wieder auf ironisch-humorvolle Weise auf historische Persönlichkeiten und Begebenheiten in unserer Welt anspielt und damit auch vor der eigenen Branche nicht Halt macht.

Fazit:

Ein wundervolles Buch, das ich jedem empfehlen kann!