Rezension

Zauberhaft mit naiver Protagonistin

Herrn Haiduks Laden der Wünsche - Florian Beckerhoff

Herrn Haiduks Laden der Wünsche
von Florian Beckerhoff

Bewertet mit 4 Sternen

"Sie glauben, dass die Menschen mich anlügen würden?"
"Ganz sicher."
"Das ist ja schrecklich." (S. 27)

Zusammenfassung. Herr Haiduk besitzt einen Laden, der eigentlich zu klein ist für Berlin - und der trotzdem, eine spannende und aufregende Zeit lang, die größte Aufregung der Stadt beherbergte. Zu dem Zeitpunkt, an dem wir als Leser dazustoßen, ist das spannendste eigentlich schon geschehen und wir können zusehen, wie die ganze Geschichte im Nachhinein ausgebreitet und erzählt wird.

Erster Satz. Müsste er seinem Laden einen Namen geben, hatte mir Herr Haiduk eines Tages eröffnet, käme für ihn nur Das Nadelöhr infrage, oder noch besser auf Französisch: Le Trou d'Aiguille.

Inhalt. Schon auf den ersten Seiten zeichnete sich ab, dass die Geschichte auf ganz besondere Weise zauberhaft werden könnte, und ich denke, dass genau das auch gut gelungen ist. Allein die Situation ist schon ziemlich speziell: jemand findet die Lottoquittung, mit der der Jackpot abgeholt werden könnte, und macht sich auf die Suche nach dem Gewinner.
Dass sich das nicht einfach gestalten kann, ist von Anfang an klar, doch tatsächlich war die Geschichte noch spannender, als ich erwartet hatte. Erwartet hatte ich ein ruhiges Buch, vielleicht etwas skurril, witzig und mit interessanten Gedanken. Was ich bekam war dann jedoch eine wirklich spannende Story, die vor allem von ihren Figuren lebte.

Personen. Neben dem Ich-Erzähler, im Buch ein gescheiterter Autor, der nun die ganze Lotto-Geschichte aufschreiben soll, sind besonders wichtig Herr Haiduk selbst und Alma, die Finderin der Quittung. Während Herr Haiduk selbst jemand ist, den ich gern knuddeln würde, weil er so sympathisch und teilnahmsvoll durchs Leben geht, ist das hauptsächliche Charakteristikum der guten Alma ihre Naivität. Was lange Zeit äußerst charmant und herzerwärmend ist, ging mir gegen Ende dann jedoch zunehmend auf den Geist und ich fragte mich, ob Alma tatsächlich mit geschlossenen Augen durch die Welt geht.
Sehr gut hingegen gefielen mir die Auseinandersetzungen zwischen Herrn Haiduk und Alma, die beide nur das beste wollen, dabei jedoch zu unterschiedlichen Mitteln greifen.

Lieblingsstellen. "Sie wirkte weise und völlig kindisch zugleich." (S. 73)

"Ich schlafe gut und auch sehr gerne. Das war schon immer so. Da kann man nichts falsch machen." (S. 170)

Fazit. Ich habe mehr erhofft, mehr erwartet, doch ich schätze, dass das Buch eigentlich ziemlich schön ist. Es zeigt, dass nicht immer alles wundervoll ist oder wird, jedenfalls nicht in der Weise, die man sich vorgestellt hatte. Es zeigt, das Dinge in Wirklichkeit manchmal so anders sind als man immer gedacht hat, und dass man sich manchmal selbst auch völlig falsch einschätzt.